Humorkritik | Oktober 2009

Oktober 2009

Und nun zu etwas sehr Ähnlichem

Vergleichsweise geräuschlos geht dieser Tage der immerhin vierzigste Geburtstag von Monty Python über die Bühne, deren »Flying Circus« am 5. Oktober 1969 im britischen Fernsehen Premiere hatte. Vielleicht ist das auch ganz gut, schließlich gibt es kaum noch etwas Neues zu sagen über das Werk der Gruppe. Der letzte gemeinsame Film liegt ja nun schon gute 27 Jahre zurück. Hätte ich einen Wunsch frei, so wäre es ein Buch, das sich im Sinne einer Humorkritik, wie sie allmonatlich an dieser Stelle zu lesen ist, mit dem Phänomen Monty Python und seinen Auswirkungen auf Film- und Fernsehkomik bis heute beschäftigt. Was ich hingegen nicht bräuchte, wäre ein weiteres Fanbuch, welches all die längst bekannten Geschichtchen um die Pythons mit Nacherzählungen ihrer Fernseh- und Filmarbeiten verquickt und dabei glaubt, mindestens ebenso witzig sein zu müssen wie die Pythons selbst.

 

Dennoch sind der Schüren-Verlag im Verbund mit dem TV-Spielfilm-Redakteur Volker Bleeck tätig geworden. »Kommen wir nun zu etwas völlig anderem. 40 Jahre Monty Python« ist ein Paradebeispiel dafür, wie Humorkritik nicht sein soll: bemüht witzig und ziellos mäandernd. Erstaunlich allein die Idee, tatsächlich alle Episoden des »Flying Circus« Folge für Folge nachzuerzählen, und dazu noch alle Filme, alles mit zahllosen briefmarkengroßen Standbildern illustriert. Die kennt ohnehin jeder, der das Opus Python gesehen hat, sie bleiben jedoch ohne großen Informationsgehalt, wenn man es nicht kennen sollte.

 

Und natürlich ohne jeden Unterhaltungswert, wie die Zusammenfassungen zeigen: »Mr. Neutron (Graham Chapman), ›infinitely the most dangerous man in the world‹, gibt dem übergewichtigen Mr. Smails (Michael Palin) Diättipps: ›Try having an omelette with yoghurt and grapefruit. What about salat?‹ Doch Smails glaubt, er meine Teddy Salad, den Spion. Ein Opfer ähnlicher Mißverständnisse wird auch Captain Carpenter (Eric Idle), der auf der Suche nach Teddy Salad erst genau das serviert bekommt: Kopfsalat, Gurken, Tomaten. Der italienische Wirt (Michael Palin) verzweifelt derweil an seinen Gästen, die, auch wenn sie gar keine Eskimos sind (sondern Spione, wie Teddy Salad), nur Fisch verlangen, und jetzt auch noch Brasse! Wo soll er die herkriegen? Er bietet Canelloni als Ersatz an.« Aha. Bzw.: Was soll das?

 

Leider lassen das unübersichtliche, den Python-Stil schamlos imitierende Layout und die Bearbeitung von Bleecks Buch seitens des Verlags offen, was da eigentlich beabsichtigt war: ein Nachschlagewerk? Dafür sind die Texte zu lang und ist der Ton zu anekdotenonkelhaft. Eine Geschichte der Pythons? Dann hätte man sich die Hälfte des Buches schenken können, die aus schierer Inhaltsangabe besteht. So oder so wäre es besser gewesen, zu kürzen, zu glätten und zu streichen: Viele Informationen wiederholen sich, einige Abschweifungen sind weder nötig noch machen sie Spaß – man merkt leider oft, daß sich da ein Autor auf große Reise begeben hat, der sonst eher auf kurzen Strecken unterwegs ist. Da ersetzt auch großer Enthusiasmus nicht den langen Atem.

 

Empfohlen dagegen sei allen Fans, die aus erster Hand wissen wollen, wie das Innenleben der Pythons aussah, der unhandliche Schinken »Python on Python« (Hannibal 2004, besprochen in TITANIC 8/04), in dem die Pythons selbst den ganzen Klatsch und Tratsch ausbreiten. Zum Goutieren ihrer brillanten Komik ist der aber, auch darauf soll noch einmal hingewiesen sein, weitgehend verzichtbar.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Adieu, Hvaldimir!

Adieu, Hvaldimir!

Als Belugawal hast Du Dich jahrelang vor der norwegischen Küste herumgetrieben und Dich mit Kameraausrüstung am Leib angeblich als russischer Spion betätigt, was Dir viel mediale Aufmerksamkeit und Deinen Decknamen, Hvaldimir, beschert hat. Jetzt bist Du leider tot in der Risavika-Bucht gefunden worden, und da fragen wir uns, Hvaldimir: Hast Du nicht rechtzeitig die Flossen hochbekommen, oder warst Du einfach nicht geübt in der Kunst des Untertauchens?

Mit einem Gläschen Blubberwasser gedenkt Deiner heute: Titanic

 Priwjet, Roderich Kiesewetter!

Priwjet, Roderich Kiesewetter!

»Die AfD ist nicht besser oder schlechter als das BSW. Beide sind Kinder derselben russischen Mutter«, sagten Sie der FAS.

Da haben wir aber einige Nachfragen: Wer sind denn die Väter? Hitler und Stalin? Oder doch in beiden Fällen Putin? Und wenn BSW und AfD dieselbe Mutter haben: Weshalb ist der Altersunterschied zwischen den beiden so groß? War die Schwangerschaft mit dem BSW etwa eine Risikoschwangerschaft? Und warum sollte es keine Qualitätsunterschiede zwischen den Parteien geben, nur weil sie die gleiche Mutter haben? Vielleicht hat Russland ja sogar ein Lieblingskind? Können Sie da bitte noch mal recherchieren und dann auf uns zurückkommen?

Fragt die Mutter der Satire Titanic

 Mal halblang, Polizei Düsseldorf!

Irgendwie war ja zu erwarten, dass Du Dich in Deinen Ermittlungen zum Anschlag in Solingen von rassistischen Debatten und wütenden Rufen nach Massenabschiebungen beeinflussen lässt. Wenn Du in einem Aufruf an die Bevölkerung aber auch noch um »Angaben zur Herkunft der abgebildeten Regenjacke« bittest – gehst Du damit nicht ein bisschen zu weit?

Deine Sittenwächterin von der Titanic

 Keine Frage, DHT Speditionsgesellschaft,

steht da auf Deinen Lkw, sondern eine Aussage: »Lust auf Last«.

Als Du damit auf der Autobahn an uns vorbeirauschtest, waren wir erst mal verwirrt: Kann man wirklich Lust auf etwas haben, was laut Duden »durch sein Gewicht als drückend empfunden wird«? Erst dachten wir noch, dass Du vielleicht was anderes damit meinst. »Last Christmas, I gave you my heart«, »Last uns froh und munter sein«, »I last my heart in San Francisco« – irgendwie so was.

Aber offenbar behauptest Du tatsächlich einfach, dass Du Spaß an der monotonen und zermürbenden Aufgabe hättest, dem Kapitalismus seine Waren über die stinkenden Autobahnen zu fahren, dabei Sonntage auf zugepissten Autohöfen zu verbringen und Dich beim Überholmanöver von Teslas und Audi A-Sonstwas anhupen zu lassen. Diese »Lust« wünschen wir Dir von ganzem Herzen, aber vermuten doch ganz stark, dass Dir der Spruch von jemandem auf den Lkw diktiert wurde, der bei der Berufswahl »Lust auf Marketing« hatte und seine Mittagspausen nicht in der Fahrerkabine, sondern beim Bagel-Laden in der Innenstadt verbringt.

Fahren an der nächsten Ausfahrt ab: Deine Leichtgewichte von Titanic

 Really, Winona Ryder?

Really, Winona Ryder?

In einem Interview mit der Los Angeles Times monierten Sie, dass einige Ihrer jungen Schauspielerkolleg/innen sich zu wenig für Filme interessierten. Das Erste, was sie wissen wollten, sei, wie lange der Film dauere.

Wer hätte gedacht, Ryder, dass Sie als Kind aus der Glanzzeit des Fernsehkonsums einmal die Nase rümpfen würden, weil junge Menschen möglichst wenig vor der Glotze sitzen und sich stattdessen lieber bewegen wollen? Davon abgesehen: Sind Sie sicher, dass sich die Abneigung gegen Cineastisches und das Verlangen, bereits beim Vorspann die Flucht zu ergreifen, nicht nur auf Werke beziehen, in denen Sie mitspielen?

Fragt sich Ihre Filmconnaisseuse Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Obacht!

Die Ankündigung von Mautgebühren ist furchterregend, aber so richtig Gänsehaut bekomme ich immer erst, wenn bei Google Maps als »Warnhinweis« auftaucht: »Diese Route verläuft durch Österreich.«

Norbert Behr

 Mitläuferin? Ganz im Gegenteil!

Meine Oma fuhr im Widerstand Motorrad.

Andreas Maria Lugauer

 Zum Sterben hoffentlich zu dämlich

In der Wartezone der Arge in Fürth sitzen zwei Männer um die vierzig. Einer der beiden hält eine aufgeschlagene Tageszeitung so, dass der zweite mitlesen kann. Geduldig blättern sie gemeinsam bis zur Seite mit den Todesanzeigen. »Schau«, sagt der eine, »da ist einer zwei Mal gestorben.« – »Wie kommst du darauf?« – »Lies doch! Derselbe Name in zwei Anzeigen.« – »Tatsächlich! Zwei Mal gestorben. Wie er das wohl geschafft hat?« Eine längere Denkpause setzt ein. »Wahrscheinlich einer wie ich, der nichts auf Anhieb hinkriegt«, schlussfolgert der eine dann. »Ha, das kommt mir bekannt vor!« stimmt der zweite ein. »Meine erste Frau mit den Kindern abgehauen, Führerschein schon drei Mal gemacht. Also zwei Mal wegen Alkohol, und ich weiß gar nicht, wie oft ich schon hier nach einer neuen Arbeit angestanden bin.« – Seufzend: »Hoffentlich kriegen wir wenigstens das mit dem Sterben mal besser hin als der hier …«

Theobald Fuchs

 Quo vadis, Fortschritt?

Unfassbar: Nach so vielen Jahren des Horrorfilms gruseln sich die Leute noch vor der Nosferatu-Spinne. Wann taucht in unseren Breiten endlich die Slasher- oder Zombie-Spinne auf?!

Mark-Stefan Tietze

 Im Unterzucker

Wenn man sich bei seinem Lieblingsitaliener keine Pizza bestellen kann, weil man nicht alle Vespas auf den Fotos gefunden hat – liegt das dann am nicht bestandenen Turin-Test?

Lara Wagner

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 03.10.: Der MDR kramt bei der Debatte, ob Ostdeutschland in den Medien schlechtgeredet wird, die Zonen-Gaby wieder hervor.
  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

Titanic unterwegs
14.10.2024 Augsburg, Parktheater im Kurhaus Göggingen Hauck & Bauer und Thomas Gsella
15.10.2024 Tuttlingen, Stadthalle Hauck & Bauer und Thomas Gsella
16.10.2024 München, Volkstheater Moritz Hürtgen mit Max Kersting und Maria Muhar
16.10.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner