Humorkritik | Juli 2009
Juli 2009
Sonntägliches GeFASel
Jede Woche darf ich in der FAS eine Wochenrückschau lesen, genannt »Das war’s«, bestehend aus vier bis sechs satirisch gemeinten Randnotizen – und ich suche dringend jemanden, der mir mal erklärt, was das alles soll. Beispiel? Beispiel: »Der Präsident der Vereinigten sogenannten Staaten, Barack Hussein Obama, hat auf einer Reise durch die Heimatregion seines zweiten Vornamens das amerikanische Lebensmotto: ›Was wir nicht verstehen, zerstören wir‹ dadurch konterkariert, daß er den saudiarabischen sogenannten König Abdullah ›würdig und gütig‹ nannte, eine Einschätzung, die von denjenigen, die in den Genuß einer landesüblichen öffentlichen Enthauptung mit dem Schwert kommen, differenzierter gesehen wird.« Aufgefädelte Pointen also, deren jede einzelne treffsicher versemmelt wird – von der »Heimatregion eines Vornamens« über die billige Ami-Häme bis hin zu der Unsinnigkeit, einen bereits Enthaupteten etwas »differenzierter« sehen zu lassen. Lustiger ist da die Position des Autors (»riw.«, vulgo Richard Wagner), der gerne ironische Äquidistanz zu sämtlichen Kulturkreisen demonstrieren möchte, seien sie westlich, östlich oder südlich, und dabei regelmäßig in den baren Chauvinismus schlittert: In China werden »Haustiere« nach »Vorväter Sitte gegessen«, Italiener haben »Haargelbottiche und Goldkettchen«, der »südafrikanische Häuptling Jacob Zuma« herrscht über ein »sogenanntes Parlament« und fährt öfter einmal »auf Dienstreisen in die Zivilisation«, und weil »riw.« manche seiner Scherze so gut findet, zitiert er sich gerne selbst: Fiat übernimmt Opel – die Produktion wird von den Italienern »auf Goldkettchen und Haaröl« umgestellt. »Sogenannte Gastarbeiter« fallen in Moskau über »streunende Hunde und Katzen« her und »essen sie auf«. Apropos »sogenannte Gastarbeiter«: die »Vereinigten sogenannten Nationen«, die »sogenannte Immunschwächekrankheit« Aids, der »thüringische sogenannte Ministerpräsident« Althaus, der »amerikanische sogenannte Präsident«, der »englische sogenannte Schriftsteller« Bruce Chatwin, die »sogenannten Bewohner« der DDR – was will das alles? Kritisch hinterfragen, ob Althaus wirklich Ministerpräsident ist? Neue Maßstäbe in der Aidsforschung setzen? Chatwin als Schriftsteller nicht ganz für voll nehmen? Ich komme nicht drauf. Restlos ratlos macht es mich, wenn »riw.« seinen Humor ins Surreale schillern lassen will: »Osteuropäische Heerscharen zogen gleichzeitig übers Land, um den aufrechten deutschen Spargel zu stechen, weswegen nächtens die gellenden Schreie der geschundenen Erde so manchem den Schlaf raubten.« Um Erklärung wird gebeten. Unter den Einsendern verlose ich ein Reclam-Bändchen des sogenannten Komponisten Richard Wagner – der seine Libretti bekanntlich ähnlich sinnfrei zusammenstoppelte wie sein heutiger sogenannter Namensvetter seine sogenannten Kolumnen.