Humorkritik | November 2008
November 2008
Nietzsche über Grass
Daß sich Nietzsche über Gott geäußert hat, dürfte bekannt sein. Weniger banal, dafür bislang unbemerkt geblieben ist, was er über Günter Grass geschrieben hat, den er wie manches andere Übel vorausahnte. Im zweiten Band von »Menschliches, Allzumenschliches« ist es im Kapitel »Vermischte Meinungen und Sprüche« unter der Überschrift »Über seine Gränze hinaus« zu lesen: »Wenn ein Künstler mehr sein will als ein Künstler, zum Beispiel der moralische Erwecker seines Volkes, so verliebt er sich zur Strafe zuletzt in ein Ungethüm von moralischem Stoff – und die Muse lacht dazu: denn diese so gutherzige Göttin kann aus Eifersucht auch boshaft werden. Man denke an Milton und Klopstock und Grass.« Gut, die Erwähnung von Grass in diesem Zitat ist jetzt nur ein Spass, aber sonst stimmt alles: Spätestens nach der Novelle »Katz und Maus«, vielleicht aber schon mit dem zweiten Teil der »Blechtrommel« sind Grass die Einfälle ausgegangen; die Bücher, die er in die Öffentlichkeit stemmt, seit er aus Ideenmangel auf die Rednertribüne übersiedelte und sich als Moralonkel und politischer Besserwisser breitmacht, wären ungeschrieben besser gewesen.