Humorkritik | Juni 2008
Juni 2008
Die Monotonie der Monotheisten
Weil erfolgreiche Maschen gern zu Tode kopiert werden (siehe »Rocky« I bis MCXVII), überrascht nicht, daß auf die Reiseführerparodie »Molwanîen« die Führer »San Sombrèro« und »Phaic Taˇn« folgten; mit voraussehbar abnehmendem Witzgehalt. Nun ist »Die Religion der Ab’sdrusen« von Robert Treichler (Ueberreuter) erschienen. Skepsis scheint angebracht. Kann derart plumpes Abkupfern der Methode – auch wenn statt durch ein imaginäres Land durch eine imaginäre Religion geführt wird – funktionieren?
Ja, doch, kann. Vor allem deshalb, weil Treichler der Versuchung widersteht, beim allzutrendigen Islam-Bashing munter mitzumachen. Ihm ist nämlich bewußt, daß auch unsere Reihen mit Fundamentalisten bestens versorgt sind. Weshalb seine Religion der Ab’sdrusen (»Mit fix verheißender Erlösung, den frommsten Pogromen und noch ewigeren Wahrheiten«) über alles verfügt, was viele monotheistische Religionen so liebenswert macht. Es gibt »die Erschaffung der Welt in einem Monat«, ebenso die Diskriminierung der Frau und »die Rückwärtsgewandtheit als Weg zu Erlösung«, umständliche Speisegesetze selbstverständlich inklusive.
Bei der Ausschmückung der Ab’sdrusen-Religion zeigt der Schöpfer viel Phantasie. Die »Menschwerdung des Neffen Gottes« vollzog sich zum Beispiel so: »Ein Jäger durchstreift mit einem Blasrohr auf der Jagd nach Breitbürzelenten die Ufergegend des Sees A’lakkal. Er schießt einen Pfeil auf eine solche Ente ab, die auf einem goldfarbenen Busch sitzt. Die Ente jedoch flattert im selben Moment hoch, der Pfeil verfehlt sein Ziel. Die messerscharfe Waffe durchbohrt statt dessen den Hoden des Tischlers Ch’osef, der arglos über den Strand schlendert, nimmt dabei dessen Samen auf und trifft in weiterer Folge die etwas entfernt stehende Jungfrau Mi’zhi am Unterleib. Die Pfeilspitze bleibt im Eileiter des Mädchens stecken.« Und so kam Ch’oenbloed Di’gchicht Aba N’voll Thr’effah, genannt Ch’offah, der Neffe Gottes, in die Welt.
Robert Treichler ist Redakteur beim österreichischen Nachrichtenmagazin Profil, außerdem Co-Autor des Buches »Keiner ist so toll wie wir«. Das kenne ich nicht, nehme aber mal an, daß es sich der in Österreich nicht unüblichen Österreichbetrachtung widmet. Schön, daß Treichler nun seine ihm als Österreicher vermutlich naturgegebene Empfindsamkeit für die Gefahr, erstes Opfer von Fanatikern zu werden (Wien! 1683!), zur Analyse außeraustriakischer Phänomene genutzt hat. Eine kleine Einschränkung meines Lobes muß ich allerdings machen: Der Namensnonsens, der sich schon im Titel findet, wird im Text unbarmherzig durchgezogen (Ch’eph, Chauvinarch, Ab’sdrusalem, Heiliger Ch’ling’l etc. etc.) – was einem weit vor dem Ende auf den K’eks ge’ht.