Humorkritik | April 2008

April 2008

Vergessene Hippies

Fast zehn Jahre nach Erstausstrahlung (und fast 40 Jahre nach Woodstock) erscheint ­dieser Tage eine kleine Perle der altmodischen Britcom auf DVD: »Hippies«, die Geschichte einer Handvoll Aussteiger, die im London des Jahres 1969 ein ­Underground-­Magazin produzieren möchten, aber an den einfachsten Anforderungen des ­revolutionären Alltags kläglich scheitern: Neben dem schüchtern-dümm­lichen Hugo, der auf ein Demo-­Plakat »War and peace« schreibt, Ray, der mit ­großem ­Eifer jeder Protestmode hinterherrennt (»Miss World devalues chicks!«), und Alex, dem coolsten und entspanntesten Hippie, der allerdings aus reichem Elternhaus kommt und am liebsten Golf spielt, flowerpowert vor ­allem Jill, die den attraktiven Mittel­punkt der Gruppe bildet, die Frauen­be­wegung voran­treiben möchte und sich zu diesem Zweck sogar einen prächtigen ­Vollbart wachsen läßt.

 

»Hippies« sieht, zugegeben, keine Sekunde realistisch nach den späten Sechzigern aus, sondern eher, als hätte jemand Charakterzeichnung und Humor von »Father Ted« ins Swinging London verlegt und statt Kirchenleuten halt Hippies zum Gegenstand gemacht. Und genau so ist es: Hinter »Hippies« stecken Graham Linehan und Arthur Mathews, die beiden »Father Ted«-Autoren, die hier Hauptrollen an Simon Pegg (»Spaced«, »Shaun Of The Dead«), Julian Rhind-Tutt (»Green Wing«) und Sally Phillips (»I’m Alan Partridge«) verteilten, die ihrerseits zu diesem Zeitpunkt ­allesamt noch vor dem Durchbruch ­standen. Auch Nebenrollen sind hochkarätig besetzt, etwa mit Kevin Eldon (»Jam«) und Peter Serafino­wicz, der hier interessanterweise schon einmal die Rolle als Simon Peggs ­Nemesis spielt, die ihn später in »Spaced« populär machen sollte.

 

»Hippies« ist dabei gewiß nicht so brillant wie »Father Ted«, wie bedauerlicherweise bis heute keine weitere Sitcom von Linehan und/oder Mathews, bietet aber doch gute Gags und liebenswerte Charaktere wie etwa Ray und dessen Mutter: »Mom, ich bin zu alt, um im Garten zu spielen, ich habe gerade ­einen Artikel über die Geschichte der Indochina­kriege geschrieben!« – »Das ist schön, Liebling, den kannst du gleich Tante Peg zeigen, die kommt in ein paar Minuten vorbei.« Wer also den Humor von »Father Ted« genauso mag wie den komödiantischen Stil von ­Simon Pegg&Co, ist gut beraten, sich »Hippies« anzu­schaffen: Er wird ein Kleinod ent­decken, das zu seiner Zeit nicht genügend galt, um eine zweite Staffel zu rechtfertigen, das aber weit über den Standards heutiger Sitcoms liegt.

 

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
06.12.2023 Oldenburg, Wilhelm 13 Bernd Eilert mit Sandra Kegel und Klaus Modick
06.12.2023 Berlin, Das ERNST Hauck & Bauer mit Kristof Magnusson
07.12.2023 Bad Homburg, Kulturzentrum Englische Kirche Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige
09.12.2023 Leipzig, Kupfersaal Martin Sonneborn mit Gregor Gysi