Humorkritik | Mai 2007
Mai 2007

In der Anstalt
Auf persönliche Einladung bei einer Live-Sendung von »Neues aus der Anstalt« zugegen, dem ZDF-Kabarett-Angriff auf den ARD-»Scheibenwischer«, war ich doch überrascht, daß mein Generalvorurteil gegenüber Kabarett, politischem zumal, nicht restlos bestätigt wurde; sondern ich, als die Sendung zu Ende war, im Gegenteil mich fast ein bißchen schämte, mich so in meinen Vorurteilen eingerichtet zu haben. Freilich, Hochkomik geht anders, und Gäste wie das Doof-Duo Badesalz sind und bleiben trübe Tassen; aber erstaunt war ich, wie handwerklich solide oder zumindest unpeinlich die Ansagen vom ersten Moderator Urban Priol waren und auf welch polemische Füße der zweite Anchorman Georg Schramm sein Tagesgeschäft zu stellen verstand.
Denn das gefiel mir: daß sich einer ins Fernseh stellt und dem in dieser Hinsicht ja keineswegs überbildeten Publikum ein paar sehr wahre und energische Takte zum Thema Christian Klar/Systempresse/Politikerinfamie hingeigt, über die zwar kein Lachen war, die aber eben nicht die üblichen Gratisausfälle gegen CSU-Doofheit und Politabzocke waren. Hier, das war mein Eindruck, ging es einem nicht um billige Lacher auf Stoibers Kosten, mit denen sich ohne Anstrengung die Raten fürs Auto zahlen lassen: hier meinte es jemand ernst.
Wieviel von der guten Live-Stimmung vorm heimischen TV-Gerät übrigblieb, kann ich nicht beurteilen; insgesamt schienen mir die Neuigkeiten aus der Anstalt jedenfalls viel weniger staatskabarettistisch, bequem und selbstgefällig zu sein als die unerträglich ollen Scheibenwischer-Kamellen im Ersten. Und loben will ich Schramm gleich noch mal, nämlich für den wunderhübschen Titel seines aktuellen Soloprogramms: »Thomas Bernhard hätte geschossen«.