Humorkritik | Dezember 2007

Dezember 2007

1000 Irrwege zum Gag

Kennen Sie »die britische Stunt-Blödel-Truppe um Jack Ass«? Ich auch nicht. Aber der Comedy-Autor Michael Maak, der den dünnen Ratgeber »Comedy – 1000 Wege zum guten Gag« (Henschel-Verlag) verfaßt hat, kennt sie immerhin gut genug, um darüber zu schreiben; wer wollte ihm da mit Amerika, Johnny Knoxville und der MTV-Sendung »Jackass« kommen. In Maaks Welt, in der es anscheinend keinen Duden, keinen Google-Anschluß und keinen Lektor gibt, wird freilich auch Goudakäse beharrlich »Gauda« geschrieben, stammt »Ein Fisch namens Wanda« von Monty Python und heißt ein bekannter deutscher Komiker »Oliver Kalkhofe«. Nicht übel für ein Lehrbuch, das dem angehenden Gagschreiber eine gute Allgemeinbildung anempfiehlt und sich dabei eines durchaus gewöhnungsbedürftigen Tons befleißigt: »Ihr Wissen ist die Grundlage für Ihre Gag-Pizza.« So steht das da wirklich.

 

Maak sei »Autor u.a. von Atze Schröder, Harald Schmidt und anderen Comedy-Größen«, ist dem Rückentext zu entnehmen. Das mag stimmen. In dem Buch erkläre er »verständlich – und unterhaltsam! –, was Komischsein bedeutet und wie es in Radio, TV und Bühne funktioniert«. Das dagegen stimmt nicht so ganz. Zum einen: Der Schwerpunkt des Buchs liegt auf dem Feld der Radio-Comedy, denn die hat Maak offenbar jahrelang fürs NRW-Lokalradio geschrieben. Hauptsächlich darauf zielen seine Tips wie auch seine bemerkenswert unkomischen Textbeispiele.

 

Verständlichkeit kann man dem Band ebenfalls nicht vorwerfen. Der gute Maak mag routinierter Praktiker sein, seine Gedanken indes sind völlig unscharf und seine Worte deshalb meist wenig präzise, wie z.B. beim Thema Fallhöhe: »Eine große Fallhöhe erreichen wir durch eine Kombination aus gegensätzlichen Personen und einem sehr untypischen, im Idealfall den Gewohnheiten diametral entgegengesetzten Verhalten.« Während man hier vielleicht noch ahnt, was gemeint sein könnte, bieten Leerformeln wie die folgenden, von denen es im Buch nur so wimmelt, überhaupt keine Anhaltspunkte mehr: »Ein legendärer Zyniker ist Georg Kreisler. Sein Zynismus basiert unter anderem auf brillanten Texten.« Bzw.: »Als Autor kann man viel von Monty Python lernen. Die Truppe war wirklich kreativ und phantasievoll – dabei aber stets nahe am Menschen.« Amen.

 

»Unterhaltsam« wird diesen Ratgeber also nur finden, wer das Purzelbaumschlagen auf den völlig ausgetretenen Pfaden von, sagen wir, »RTL Samstag Nacht« immer noch amüsant findet: »Suchen Sie das System, nach dem alles funktioniert! Und wenn Sie nichts finden, dann konstruieren Sie eins! Lüften Sie die Geheimnisse der Gebrüder Feng und Shui, Hansa und Plast, Aldi Nord und Aldi Süd, Ying und Yang, Fix und Foxi, Leber und Wurst!«

 

Bei soviel heruntergerattertem Frohsinn bleibt für die wirklich interessanten Fragen natürlich kein Platz. Zum Entstehen potentiell komischer Gedankenzusammenhänge schreibt Maak: »Über derartige mögliche Verbindungen kann man als Autor nicht nachgrübeln. Es muß irgendwann einfach ›klick‹ machen.« Um dann etliche Seiten später festzustellen: »Wie man gute Pointen setzt, kann man aber auch üben! Nehmen Sie sich morgens die Zeitung, machen Sie aus den Kurznachrichten Pointen und quälen Sie damit Ihre Angehörigen oder Kollegen!«

 

Gott bewahre.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg