Inhalt der Printausgabe
Mai 2006
Briefe an die Leser (Seite 10 von 16) |
Schön und schönst Lutz Rathenow, auch von Ihnen wieder mal zu hören und zu lesen, und sei’s nur via das Südthüringer Freie Wort, wo Sie regelmäßig über Themen schreiben, »die an- und aufregen« – was man halt so schreiben nennt: »Selbstbewußtsein und schlechtes Gewissen bilden eine dialektische Einheit, um einmal die ›DDR-Denke‹ (Westbegriff) zu zitieren. ›Dresden‹ hieß ein Fernsehfilm, der unlängst an die Zerstörung der Stadt erinnerte. Der weltweit beachtete Wiederaufbau der Frauenkirche wirkt als sichtbares Zeichen für das Wiederaufblühen einer kulturell potenten Vergangenheit«, und immer wieder fantastisch zu sehen, mit welchem Brei aus umgekipptem Deutsch und ranziger Eigenwerbung (»In meinem neuen Buch ›Gewendet – vor und nach dem Mauerfall‹ erzähle ich von einem Kleinunternehmer aus Sachsen, der seine Patente zur Handyproduktion nach China vermarktet«) eins hierzulande als Schriftsteller durchgeht; aber worauf wir eigentlich hinauswollten: Ein paar vorbildlich vergurkte Sätze weiter schimpfen Sie über »Streikfolklore« und »Westalgie pur« und zeigen, wie sich nichtdialektische Denke so anhört: »Die Noch-AEG-Mitarbeiter in Nürnberg haben sich beträchtliche Abfindungen erstreikt und andere potentielle Investoren einmal mehr an besondere Neben- und Folgekosten in Deutschland erinnert. Innovativ wäre der Vorschlag gewesen, einem Teil der Belegschaft den Umzug nach und die Weiterarbeit in Polen zu organisieren.« So stellen Sie, Rathenow, sich das also vor: Während Sie am schönen Prenzelberg in aller Mopsruhe Ihre Honorare für jämmerlichst formulierten Schmockmist verfrühstücken und sicher auch noch den ein oder anderen Kulturfördereuro abzugreifen gelernt haben, soll der Prolet, der Leute wie Sie im letzten ja aushält, von Nürnberg nach Nitschewo ziehen, im übrigen gefälligst die Schnauze halten und sich an kulturell potenter Vergangenheit freuen. Innovativ wäre hier der Vorschlag, Ihre Weiterarbeit in einem fernen Land Ihrer Wahl zu organisieren; das Fahrtgeld bis zur nächsten Grenze legte Ihnen zur Not noch aus: Titanic
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