Inhalt der Printausgabe

Januar 2006


Musik
Der Junge mit der Ziehharmonika
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Florian Silbereisen ist der Shooting-Star der jungen Volksmusik: Mit seiner Mischung aus Lausbubenhaftigkeit und Dachschaden hat er es mit 24 Jahren zu einer eigenen Fernsehshow gebracht – und zu diesem todschicken Feuilleton-Porträt von Stefan Gärtner

Florian Silbereisen kommt zu Fuß ins Café im niederbayerischen Tiefenbach. Sein jüngstes Album heißt „A bisserl was geht immer“, vielleicht hat Florian Silbereisen gedacht, wenn a bisserl was geht, dann geh’ ich auch.
Hier, im Café Gschwendtner an der Franz-Josef-Strauß-Straße, trifft sich die junge Szene von Tiefenbach: Sodomiten, Inzestuöse, der Nübler Willi mit dem Loch im Hals. Den jungen Mann, der mit dem Journalisten aus der Großstadt im Herrgottswinkel hockt und bescheiden an seinem Vanilletee nippt, grüßen sie freundschaftlich. Der Flori, der ist halt einer von ihnen.
„Die Madln vom Land“, „Das kann nur Liebe sein“ oder „Aber hier leben, nein danke“ heißen die Songs des letzten Albums. Florian Silbereisen rührt in seinem Tee und lutscht versonnen an einem Zuckerwürfel.
„Ich bin kein Schlagersänger und möchte auch keiner werden“,* sagt Florian Silbereisen und sieht aus, als hätte er den Satz schon mal gesagt, zu seiner Mutter vielleicht oder bei der Berufsberatung im Arbeitsamt.
Der junge Mann ist ein Star. Mit gerade mal 24 darf er bereits Fernsehshows wie „Das Adventsfest der Volksmusik“ moderieren und erreicht damit ein Publikum, das sonst keiner erreicht, seit es die Wochenschau nicht mehr gibt. Die Hallen sind voll, die Chat-Foren auf den Internetseiten seiner Fanclubs auch. „Mann, ich habe Flori das erste Mal live erlebt, und es war unbeschreiblich“, schreibt „Maria“. „Er hat ,Links a Madl, rechts a Madl‘, ,Mutter‘und ,Ich glaube an Gott’ gesungen. Als er ,Ich glaube an Gott‘ gesungen hat, habe ich geweint vor Rührung. Er berührt halt mein Herz. Er ist so auf dem Boden geblieben und so natürlich.“ Seine Platten verkaufen sich hunderttausendfach, sein Image als unbeschwerter „Lausbub der Volksmusik“ ist Gold wert in einer Branche, die noch immer unter dem Skandal um Hansi Hinterseer leidet: Der populäre Ex-Skifahrer hatte in einem Lied versehentlich das Wort „Diskursethik“ verwendet, die Platte mußte vom Markt genommen werden.
Florian Silbereisen, das merkt man, würde das nicht passieren.
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* Alle Zitate von und um Silbereisen sind original


Jungstar Silbereisen:
„Mach es wie die Sonnenuhr, zähl den Mops im Haferstroh“


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick