Inhalt der Printausgabe
August 2006
Briefe an die Leser (Seite 16 von 17) |
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Erinnern Sie sich noch an die frühsommerliche Patriotismusdebatte? In der sich bis auf ein paar »Miesmacher« (Bild) alle darüber einig waren, daß Deutschsein cool sei? Der zweitwichtigste Hosenträger eines führenden Nachrichtenmagazins hatte, bei Beckmann, über den siegreich ausgegangenen Prozeß seiner »Deutschwerdung« referiert, ganz Deutschland war plötzlich »in love« (Franz Josef Wagner), und nur der süße Senf von Thomas Brussig hatte zum Glück noch gefehlt. Was wird denn, fragten wir uns zweiflerisch und händeringend, der Brussig als gewohnt scharfsinniger Analytiker des Zeitgeists wohl sagen zur großen »Deutschland-Party« (Spiegel)? In einem Sonderbeitrag für die Süddeutsche haben Sie uns endlich erhört und erlöst und dem alten Patriotismus eine klare Absage erteilt: »Der alte Patriotismus ist tot, endgültig. Doch ganz ohne Patriotismus fehlt was. Jetzt ist etwas da, das diese Leerstelle besetzt. Es ist ein neuer Patriotismus. Neuer Patriotismus heißt: Nicht der alte. Ein anderer. Wir probieren noch.« Sie vielleicht. Wir haben schon genug. Doch ganz ohne Brussig fehlt was. Jetzt ist etwas da, das diese Leerstelle besetzt. Es ist der Brussig: »Nachdem Matthias Matussek in seinem Bestseller ›Wir Deutschen‹ allen erklärt, warum die anderen uns gern haben können, beginnen wir in diesen Wochen sogar, uns selbst gern zu haben.« Überschrift: »Ein Patriot neuer Prägung«. Würg. Wir halten hiermit, für die Nachwelt, fest, daß Sie, Herr Brussig, im Laufe der WM-Vorrundenspiele 2006 damit anfingen, sich selber gerne zu haben und darüber hinaus auch den Matussek und die Deutschen im allgemeinen inklusive Klinsi, Poldi, Schweini, Waldi, Aldi, Lidl, Cloppenburg, Edeka, Lufthansa, Telekom, Wernesgrüner Musikantenschenke, Sonnenallee und Drehbuchpreis der Bundesregierung. Wie befreiend das für Sie gewesen sein muß, können wir uns gar nicht vorstellen. Titanic
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