Inhalt der Printausgabe
August 2006
Humorkritik (Seite 9 von 11) |
Lentz in eigener Sache |
Der hervorragende Dichter und Quatschkopf M. Lentz durfte über die komplette Fußball-WM hinweg eine kleine Kolumne auf der ersten Feuilletonseite der FAZ bestücken, er hat da nämlich Leute, die seine Freunde sein wollen. Freude machten mir aber weniger Lentzens gratisfeuilletonistische Bequemlichkeiten (»Es tut mir leid, aber ich kann Brasilien nicht mehr sehen. Diese gesättigten Grinsköppe …« usw. usf.) als vielmehr die täglichen biographischen Anmerkungen zum dichterischen Output. Anfangs noch verhalten (»Der Schriftsteller Michael Lentz, geboren 1964 in Düren, lebt in Leipzig und Berlin«), legten sie, gewissermaßen dem Turnierverlauf folgend, stetig an Tempo und Dramatik zu: »Der Schriftsteller und Lyriker Michael Lentz, geboren 1964 in Düren, lebt in Leipzig und Berlin. Zum Preis der Literaturhäuser gab er 2005 zusammen mit Uli Winters und einigen sprechenden Puppen eine poetische Tournee« (21.6.), »Zuletzt erschienen der Gedichtband ›Aller Ding‹ sowie der Roman ›Liebeserklärung‹« (23.6.), »Im vergangenen Jahr erhielt er den Preis der Literaturhäuser« (24.6.), »2001 gewann er den Ingeborg-Bachmann-Preis« (27.6.), »Zuletzt erschienen der Roman ›Liebeserklärung‹ und die CD ›Sprechakte X/treme‹ (29.6.), »Im Januar nächsten Jahres wird sein Stück ›Gotthelm oder Mythos Claus‹ am Schauspiel Frankfurt uraufgeführt« (1.7.), bis schließlich am Tag des ersten Halbfinals der selbstanpreiserische Höhepunkt erst einmal erreicht war: »Der Schriftsteller, Dichter und Lautpoet, der Kickboxer, Saxophonspieler und Hellseher Michael Lentz wurde 1964 in Düren geboren und lebt in Berlin und Leipzig. Zuletzt veröffentlichte er den Roman ›Liebeserklärung‹.« Da staunt das Bürgertum, und ich staune mit. Wenn auch aus eventuell ganz anderen Gründen. |
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