Inhalt der Printausgabe
April 2006
Briefe an die Leser (Seite 11 von 13) |
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Wer soll denn jetzt eigentlich die Gäste auf der TITANIC-Buchmessen-Party begrüßen und moralisch unterstützen? Hast Du da mal drüber nachgedacht? Der persönliche Kontakt mit Dir war doch für viele der Geladenen der eigentliche Höhepunkt des Festes; viele gingen extra noch mal raus und kamen dann wieder rein, nur um dieses Erlebnis ein weiteres Mal zu genießen und Dich in Deinen farbenprächtigen Uniformen zu bewundern. Wer es nicht besser wußte, und das waren die meisten, mußte überzeugt sein, den Herrn TITANIC persönlich vor sich zu haben. Den Mann, der unserer Zeitschrift den Namen gab. Ja, Octo, das warst Du. Du machtest keinen Unterschied zwischen reich und berühmt: Wer nicht auf der Einladungsliste stand, kam nicht rein. So blieb das TITANIC-Fest in den letzten zehn Jahren unter anderem von Jack Nicholson, Barbra Streisand, Helmut Kohl, Uschi Glas, Johannes Heesters, Salman Rushdie, Patrick Lindner und Anne-Sophie Mutter verschont. Schön, der Rausschmiß von Scarlett Johansson und Angelina Jolie wirkte etwas übereilt, aber das kann in der Hektik durchaus mal passieren. Und bilden wir uns das nur ein, oder warst Du das, der vor zwei Jahren einen gewissen George W. Bush vor die Türe setzte, mit den wohlformulierten Worten: »If you get out of Iraq, you might get in here«? Du warst uns Wappen, Firmenschild, Maskottchen, Kühlerfigur und Spiritus Rector in einem; wir erwogen bereits, den Heftuntertitel zu ändern in »Octos endgültiges Satiremagazin«. Neben Deiner aufreibenden Arbeit als Festbegrüßungskomitee fandest Du aber auch noch Gelegenheit, als Zukunftsminister sinn- und segensreich zu wirken. In einer Zeit, als die meisten TITANIC-Redakteure noch mit Gänsefeder und Streusandbüchse arbeiteten, brachtest Du ihnen die Segnungen des Internets nahe. Dir lag das Digitalisieren im Blut, kein Hyperlink war Dir zu abgelegen; dabei war es für Dich selbstverständlich, die vorliegenden Texte noch einmal liebevoll zu bear beiten, gegebenenfalls zu kürzen oder mit neuen Pointen zu versehen. Für diesen Service hast Du nie eine besondere Bezahlung verlangt, noch irgendeinen Dank erwartet. Ohne Deine Vorarbeit hätten wir jedenfalls bis heute keinen Internet-Auftritt. Wir wollen aber auch nicht vergessen, daß Du eine vollkommen neue Form der Gesprächskultur erfunden hast: Du wirst als Begründer und Vollender der Octologie in die Geschichte eingehen. Eine ebenso einfache wie wirksame Philosophie, deren drei Leitsätze lauten: Rede nur, wenn du nicht gefragt wurdest. Sprich, solange du kannst. Und: Laß dich niemals unterbrechen. Auf diesem Fundament gründeten schon bald allmonatlich die legendären »Bockenheimer Gespräche« in unseren Redaktionsräumen. Dort konntest Du als erster Mensch schlüssig erklären, was eigentlich gute Musik ist: »Eine gute Musik sollte ein Zwischenspiel haben, also nicht immer nur Strophe – Refrain, Strophe – Refrain. Das andere Kriterium ist: Es sollte möglichst nicht so oft dieselbe Klaviertaste hintereinander betätigt werden.« Viele Komponisten haben seitdem vergeblich versucht, diese einfachen Anweisungen zu befolgen. Fast alle betätigten dann doch zu oft hintereinander dieselbe Klaviertaste, und das Ergebnis war schlechte Musik. Bei einer anderen Gelegenheit stellte man Dir die Frage, ob irgendwelches Leben außerhalb unseres Sonnensystems existiere. Und Du hast geantwortet: »Ja, denn sonst gäbe es auch kein Paradies, und als gläubiger Mensch hofft man ja, daß man mal vom lieben Petrus hereingelassen wird.« Jetzt, lieber Octo, hat er Dich also tatsächlich hereingelassen. Das war sein Fehler, denn natürlich hast Du sofort seinen Job übernommen. Trainieren konntest Du ja lange genug. Nun bist Du Türsteher und Torwächter im Himmel. Und das bedeutet: Ohne Einladung kommt da keiner mehr rein. Du setzt uns, bitte, auf die Gästeliste? Darum fleht Dich inständig an Deine Titanic
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