Inhalt der Printausgabe

September 2005


Als Lyrikjuror in Rostock
Ein weigehend wahrer Schadensbericht von Thomas Gsella
(Seite 4 von 4)

AN DER MAUER
SO WIRD’S GEMACHT

ÜBERGIBT MIR
DIE KELLE

DIE KELLER MIR
IN DIE HAND

DASS ICH NUN WERFE
WERFE DEN LEHM

WERF MEINE SCHATTEN
UND – WEHE!

MEIN SCHATTEN
SCHATTENSCHWARZ

WIE DER SCHATTEN
VON HERRN SCHWARZ
– welcher just erwähnte ehemalige KZ-Aufseher und Schwerstalkoholiker von Wilhelmi dann aber sogar, mitten im Vortrag des letzten und zweifellos erschütterndsten und geistesstumpfesten Kandidaten, die vor ihm auf dem Jurytisch liegenden Manuskriptkopien mit einer hastigen Bewegung zusammenrollte, hernach von seinem Stuhl aufsprang und dem Vortragenden mit praktisch dessen eigenen und fürwahr widerwärtigsten Lyrik-Schandtaten eins runterhaute, was, so augenblicklich der bayrische Landesdartmeister Klampowsky, ohne Zweifel höchste Zeit gewesen sei, da er, Klampowsky, selbigen Dichter sonst »ungespitzt in den Boden gewemst hätte«, so der bayrische Landesdartmeister aufgewühlt. Ob aber, so daraufhin fragend der Professor Kampfnagel, eine entsetzliche Tat, die eine bei weitem entsetzlichere verhindere, nicht eine lobenswertere und sogar im Sinne der Bibel gerechtere Tat darstelle als beispielsweise das Verfassen solcherart moderner Lyrik, interessiere ihn, Kampfnagel, weniger als moralisches Problem denn als somatisches, insofern nämlich er, so der nun ebenfalls stocktrunkene Akademiker, seit zwanzig unerträglichen Minuten extrem pissen müsse, und wenn, so Kampfnagel dann plötzlich sehr laut und gewiß im gesamten Saal vernehmlich, »der Arsch da vorne nicht augenblicklich seine Sachen packt, dann seh ich superschwarz«, so der immer unerträglichere Juryvorsitzende weiter. Urinieren ging indes die in diesem Moment überhaupt erstmalig auffällige Bremerhavener Kommunistin Katharine Friese und kam im folgenden dann einfach gar nicht wieder; das letzte und vermutlich schurkigste Gedicht des Abends entging ihr damit ebenso wie der diese verkommene Gesamtveranstaltung gewissermaßen krönende und endgültig ins Reich des Abscheulichen verbannende Bordellbesuch der Hauptjury; welcher aber vom Rostocker Amt für Kultur und Denkmalpflege nicht nur vollständig übernommen werde, sondern praktisch schon bezahlt sei, so stolz dröhnend und offenbar wahrheitsgemäß der pünklich dazustoßende Vertreter der Sparkasse Rostock, des Hauptsponsors dieses ungeheuerlichen Abends.

 

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt