Inhalt der Printausgabe

Oktober 2005


F.K. Waechter lebt!
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Zeugniskonferenz
In seinem Sammelband von 1991 »Mich wundert, daß ich fröhlich bin« finden wir auf zehn Seiten seinen Lebenslauf »Mein Lebenslauf«. Darin auf S. 195 abgedruckt »Das letzte Zeugnis«, sein »Abgangszeugnis« der Lauenburgischen Gelehrtenschule, Ratzeburg, Kreis Herzogtum Lauenburg, vom 9. März 1957.
Darin: »Wir entlassen ihn, da er jetzt die Schule verläßt, um eine Kunstschule zu besuchen.« Wir haben die Frage zu klären, ob sich in den vergangenen Jahrzehnten an den Leistungen des Friedrich Karl Waechter viel geändert hat.
Religionslehre: gut. Gott selbst, letzte Instanz, wird es wohl bei dieser guten Note belassen. Waechter hat ihn in »Gott ist dran« richtig populär gemacht. Da hält Gott Gerichtstag: »Wie sieht es denn hier aus!«; zeigt seine Allmacht: »Kann ich mal bei Ihnen telefonieren?« und läßt Gnade walten: »Was will ich denn eigentlich? Sind doch prächtige Menschen, diese Döbels. Bißchen schlampig, je nun…«
Wenn ich dem Jüngsten Gericht vorgreifen darf: der Gesang des Kindchens! Ein Teufelsbaby singt: »Lobet den Herren, den mächtigen König der Ehren…« Und vier Großteufel stehen machtlos vis-à-vis.
Deutsch: ausreichend. Das ist deutlich besser geworden. Eine Eins dürfte noch einem der erfolgreichsten und meistübersetzten Bühnenautoren angemessen sein. Oder?
Geschichte: ausreichend. Das reicht aus.
Waechter hat sich in seiner grafisch-dramatischen Arbeit mit Friedrich dem Großen beschäftigt (Sie erinnern sich: »Ich bin der erste Diener meines Staates.« Sofort seine Grenadiere: Zweiter… Dritter… Vierter…).
Dschinghis Khan kommt vor und mancher namenlose König. Doch – es reicht aus.
Erdkunde: auch ausreichend. Da hat er sich gesteigert. Allein der Weg der »Eisprinzessin«, die Landkarten-Projekte. Mit der Lokalisierung könnte er präziser sein. Note drei. Eins rauf!
Englisch: mangelhaft. My God! Bitte: Da fragt die Lehrerin auf S. 95 in »Glückliche Stunde«: »What is the matter with you, Eberhard?« Der antwortet: »Also – ich find das echt geil, daß die Englisch-Lehrerin so sagenhafte Titten hat – echt.« Die Lehrerin: »In English, please!« Wenigstens das Englisch ist korrekt. Eine Vier?
Biologie: befriedigend. Eine glatte Drei.
Bleibt dabei. Befriedigend. Wie seine anatomischen Studien.
Musik: ausreichend? Er hat mit den Besten dieses Faches gearbeitet: Heiner Goebbels, Arni Arnold, Alfred Hardt… In allen seinen Stücken wird Musik gemacht, gespielt und gesungen. Mindestens befriedigend? Oder doch knapp gut?
Zeugnissingen?
Leibesübungen: sehr gut. Geht in Ordnung. Fußball: Wie die Sturmspitze im dunklen Trikot in neun Bildern vier Gegner aussteigen läßt und noch den Torwart in die falsche Ecke schickt – und das noch vor Maradonas sagenhaftem Torlauf 1986 gegen England. Auch sehr gut: »Die elf bekanntesten Stellungen bei der Selbstbefriedigung des Mannes«.
Zeichnen und Kunsterziehung: Was wohl!
Er selbst erinnert sich in »Mein Lebenslauf«: »Bei meinen Mitschülern kann ich mit witzigen Männchen Anerkennung ernten. Sie schieben mir Hefte zu, damit ich ihnen etwas Komisches hineinzeichne. Dieter Bach und Gernot Rara haben sogar nur für meine Männchen Hefte angelegt…«




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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt