Inhalt der Printausgabe
Oktober 2005
Humorkritik (Seite 6 von 8) |
Humboldt war fertig |
Den kollektiven Hymnen auf den frühgereiften kommenden Großschriftsteller Daniel Kehlmann konnte ich mich nie recht anschließen, sein neuer Roman »Die Vermessung der Welt« (Rowohlt) aber hat mir gefallen, weil dieses Doppelportrait Carl Friedrich Gaußens und Alexander von Humboldts durchaus amüsant ist. Im Stil von etwa T.C. Boyles »Wassermusik« inszeniert Kehlmann die beiden Wissenschaftsgrößen als skurrile Freaks, ohne sie jedoch zu überzeichnen und sich unglaubwürdig weit von den historischen Vorbildern zu entfernen. Zwei gegensätzliche Lebensentwürfe: hier der Weltreisende Humboldt, dort der immobile Gauß, die doch zu ähnlichen Erkenntnissen und Konsequenzen führen. Vor allem Humboldt, als egomanischer, seine Homosexualität und überhaupt jede menschliche Regung ebenso wie seine Mitmenschen roh unterdrückender und seine Forschungen geradezu autistisch verfolgender Exzentriker, hat mir Spaß gemacht: So in meiner Lieblingsszene, in der Humboldts leidenschaftlich gern haarsträubende Geschichten erzählende südamerikanische Ruderer ihren Arbeitgeber auffordern, auch mal was zum besten zu geben: |
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