Inhalt der Printausgabe

November 2005


Eijne gute Gurke

(Seite 3 von 5)

Einkaufen ist eine Art Meditation für Holländer. Es gibt einen fixen Ablauf, der strikt eingehalten werden muß, jede Abweichung führt zu »eijne Käsje voller Löcher«, wie Heijnrik es nennt. Zuerst einmal muß auf ein Stück Papier notiert werden, welche Lebensmittel und Haushaltsgegenstände benötigt werden. Im Supermarkt kann man gegen geringfügiges Pfand einen Wagen aus Metallrohr auslösen, in den der Holländer alles hineinlegt, was er mit nach Hause nehmen möchte: Tomaten, Kopfsalat, Käse, Tulpen und die neueste Ausgabe von Schöner Wohnwagen. Dann wird bezahlt. Es ist ein Wunder, daß noch nicht alle Holländer vollkommen pleite sind, denn es geht in Holland eigentlich permanent nur ums Einkaufen. Meine Familie redet von nichts anderem: Wart ihr heute schon einkaufen? Geht ihr heute noch einkaufen? Kauft ihr auch Käse, wenn ihr heute noch einkaufen geht? Die Tomaten bei Wijnman schmecken nach Wasser, aber die Kopfsalate von Rijkel schmecken nach gar nichts. Bringt mir eine Holzfeile mit, bei meinen Clogs ist das Profil abgelaufen!

Nach dem Einkaufen beginnt ein großes Auspacken. Der Holländer liebt es nämlich, jeden Artikel einzeln zu verpacken. Manchmal ist sogar die Verpackung selbst noch einmal verpackt. So ist alles hochwassersicher und sturmfest eingeschweißt: der Salat, die Gurken und Tomaten, sogar der Käse. Manchmal denke ich, wenn er nur könnte, würde der Holländer nicht nur die Kekspackung in Cellophan einschweißen und jeden einzelnen Keks in der Kekspackung, sondern auch noch jeden einzelnen Krümel im Keks und in jedem Krümel jedes einzelne Molekül, nach Gattungszugehörigkeit farbig sortiert: Fett, Zucker, Salz, Wasser, Sägespäne, Käse. Leider ist die holländische Verpackungstechnik dazu noch nicht in der Lage. Eines Tages aber wird es so weit sein, und dann werden alle Holländer eine gurkengroße Grastüte rauchen und in ihren besten Feiertagsclogs mehrere Tage um einen großen Wohnwagen tanzen. Vorzugsweise um einen gut verpackten Wohnwagen natürlich.


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg