Inhalt der Printausgabe
März 2005
Briefe an die Leser (Seite 4 von 13) |
Sie wiederum, Schriftsteller Andreas Maier, gehen seit Wochen und Monaten im Feuilleton mit Ihrer Dissertation hausieren, die Sie modifiziert und unter dem Titel "Die Verführung. Thomas Bernhards Prosa" auch dem gemeinen Leser anbieten. Darin bekritteln Sie Bernhardsche Sätze als "wirr und unlogisch", entdecken leer "mäandernde Monologe" und überhaupt allerhand Unstimmigkeiten, ja inhaltsfreie "Suggestion", wobei vor allem Bernhards autobiographische Prosa voller Ungereimtheiten, Übertreibungen und Fälschungen stecke: "In Bernhards Autobiographien geht Effekt vor Wahrheit." Alles wahr; und deswegen auch jedem Proseminar seit Jahrhunderten geläufig; und dem Leser sowieso egal. Der findet Bernhards bodenloses Schwadronieren nämlich ganz unterhaltsam, wie ja die Wahrheit, literarische zumal, auch im Effekt liegen kann. "Es ist nichts da. Bernhard erzeugt ein leerlaufendes System" und bildet so jene leerlaufende Sinnproduktion im Weltganzen ab, wie sie auch in Doktorarbeiten mitunter ihren Niederschlag findet. Und, Maier, apropos: Falls Sie, statt weiter langweilige Romane in die Welt zu wuchten, sich noch habilitieren wollen - Themen gäb's genug: Denn weder war Dr. Pierre Aronnax je 20 000 Meilen unter dem Meer, noch gab es wohl einen Privatdetektiv namens Philipp Marlowe. Und Karl May war auch nie bei den Indianern! Hätten Sie's gedacht? Ihre Alten Meister von Titanic
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