Inhalt der Printausgabe

März 2005


"Das ist Antennen-Holocaust!"
(Seite 1 von 2)

Neulich im sächsischen Landtag: Aus Protest gegen eine Schweigeminute für die Opfer der Nazi-Diktatur verließen die NPD-Abgeordneten den Saal; im Gegenzug bezeichneten sie, mit Zustimmung des Fraktionschefs Holger Apfel, die Zerstörung Dresdens als "Bomben-Holocaust". Seitdem ist Wortverdreher Apfel untendurch, gilt vielen als hirnkranker Fettwanst. Thomas Gsella wollte es genauer wissen und besuchte ihn und seine Familie in Dresden; hier seine Reportage im sogenannten Stürmer-Stil!

"In meiner Madenwanne bin ich Kapitän": Versiert menschenverachtende Zustände im offenen Wohnklo

Noch am Zaun des ostentativ verminten Vorgartens deutet nichts auf einen Vollidioten hin. Die Schmiedeeisen sind in schwarzrotgold gehalten, eine angekokelte Amerikafahne steckt im zertrampelten Krokusbeet. "Ausländer unt Juhden müßen drausen pleiben", steht in Handschrift auf einem Schild neben der Haustürklingel. Die freilich scheint nicht in Betrieb; offene Stromkabel züngeln aus der Wand, deren Putz großflächig bröckelt. Erregt klopfe ich an die milchgläserne Haustür.
Ein etwa dreijähriger Junge öffnet. Man soll nicht päpstlicher sein als der Papst, aber nach relaunchtem Vaterland sieht dieses Kind mit seinen ketchupstarren Haaren, extremdumpf leeren Augen und einem löchrigen Fetzen von Acrylpulli nur bedingt aus. Grüner Weichkot sickert aus der Windel auf die nackten Füße. Bevor ich nach Politpaps schicken kann, fällt das Wesen vor mir auf die Knie, schnuppert an meinen Schuhen und beginnt zu bellen: "Wuff, wuff, wuff! Grrrrr…!" Ogottogott.

"Treten Sie ein, aber nicht die Tür, höhöh!" Endlich steht der gutgelaunte Hausherr vor mir. Braune Breitcordhose, orangefarbenes T-Shirt mit der Aufschrift "Wisconsin University", darüber eine rosa Trainingsjacke. "Heil Hitler! Und du, Bello, ab in die Stube!" Mit einem kräftigen Tritt gegen die Windel schubst das MdL seinen Sohn Richtung Wohnung. "Erbwasserkopf und Schizophrenie, da ist nix zu machen. Der totale Gen-Holocaust! Aber was möchten Sie trinken? Wir haben nur Alcopops." "Gern."


1 | 2   


Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg