Inhalt der Printausgabe

Juni 2005


Andy Englisch, der neue Freund vom deutschen Papst


Neue Super-Riesenserie von Andy Englisch:
Mein allerbester Busenfreund, der Ratzipapst
(Seite 2 von 2)

Ich war schon der Freund vom Vorgängerpapst (»Johannespaul II«) und habe ihm zusammen mit der Chefredaktion der BILD-Zeitung absolut gratis und ohne jede weitere Verpflichtung die »Volks-Bibel« für 9,95 Euro von BILD überreicht. Da hat sich der alte Sack halbtotgefreut, obwohl man die Schwarte ja in jedem Hotelzimmer gratis mitnehmen kann.
Mit dem Ex-Papst aus der Polackei (84, †) habe ich mich all die Jahre super verstanden. Wenn ich meinen Namen nannte, verstand er nur Englisch, und wenn er seinen Namen nannte, klang es so ähnlich wie »Öchzchrriärchzlchrrrzch«, das war wohl Kirchen oder Jägerlatein, und das kann ich leider nicht.
Das letzte Mal traf ich den Mann, der jetzt frisch Papst geworden ist, im Foyer des Krankenhauses von Gino Ginelli aus Rom. Der Papst davor hatte gerade ein Luftschnittenrohr in die Kehle seines Kopfes gerammt bekommen, und ich lungerte schon seit Tagen auf dem Flur herum, der zu seinem Zimmer führte.

Aufgeregte Kassenärzte, außerordentlich wichtige Besucher, Pilger, Polizisten, Schnäppchen und Reliquienjäger, die alle noch ein Stück vom Papst abhaben wollten.
Plötzlich tauchte er auf, in einer Wolke aus weißem Rauch: Ri-Ra-Rrrratzinger, mein zukünftiger Freund.
Das Unerwartete geschieht: Er geht an mir vorbei, geduldig, offen, zielstrebig. Erst als ich wie verrückt an seiner Kutte zerre, spricht er mit seiner glockenhellen, leicht nasalen Stimme.
Ich: »Was hat er gesagt?«
Ratzinger: »Grüß Gott.«
Ich: »Grüß Gott, Herr Ratzinger.«
Ratzinger: »Nein – er.«
Ich: »Grüß Gott, er.«
Ratzinger: »Nein, er hat Grüß Gott gesagt.«
Ich: »Wer er? Der?« Ich deutete auf irgendeinen von den Bullen, die auf dem Gang herumstanden.
Ratzinger: »Nein, der Heilige Vater in Rom.«
Ich: »Leck mich fett – er zuckt also noch?«
Ratzinger: »Gott ist gütig und oftmals auch sehr gnädig.«
Ich: »Gibt es Gott wirklich?«
Ratzinger: »Das ist hier nicht der richtige Ort, für eine solche Frage. Stellen Sie sie ein anderes Mal!«

So ist unser Ratzipapst: er geht keiner Diskussion mit mir aus dem Wege. Er ist angeblich hochintelligent, und wer kann das schon von sich behaupten? Ich nicht, denn ich bin der Freund vom Papst.
***
Als der Papst Papst wurde: Ohrenbetäubender Jubel in der Mehrzweckhalle von Marktl am Inn, Riesengeschrei auf dem Petersrom in Platz, einen jähen Bruch mit den bewährten Traditionen wird es nicht geben – dafür steht mein Freund Papst B. (78).
Papst Ratzi ist 78, sieht aber jünger aus, obwohl er älter ist. Er ist erfahrener und weiser als viele schwarze Kardinäle, die sehr gerne Negerpapst geworden wären, aber es ging nicht, weil der Wille Gottes unfehlbar unseren Benedikt (XVI.) zum ersten deutschen Petrijünger auf dem Thron des Menschenfischers seit soundsoviel Jahren gemacht hat.
Endlich ist mein neuer Freund Papst!
Die paar Jahre, die Papst Ratzingerjoseph noch hat, will er in geistiger Frische und christlicher Zuversicht auf die Endlösung durch Gottes unermeßlichen Ratschluß in seiner frisch renovierten Dienstwohnung in der ewigen Stadt Rom mit Blick auf die Engelsburg und viele Tausende Kamerateams verbringen, die ihre guten Plätze sicherheitshalber erst gar nicht aufgegeben haben, denn man weiß nie.
Bis es mal wieder soweit ist und ich dann von meinem ganz neuen Freund berichte, vertreiben wir Reporter uns hier die Zeit. Wir tanzen und lachen, machen Kuttenspiele mit Anfassen und schreiben mit Bleistift kleine Sprüche auf gesammelte Oblaten.
Auf meiner steht: »In Roma keiner besser fickt als unser Papa Benedikt.«
Einmal wurde mein Freund, der Papst, von einem Ungläubigen, nämlich von mir gefragt:
Ich: »Gibt es Gott wirklich?«
Darauf Ratzinger: »Gleich wirst du ihn kennenlernen« – und schlug mit dem Opferstock kurz und gnädig zu.
So ist er, der alte Sack: Heiligmäßig drauf bis zum Abwinken, demütig wie nichts Gutes, aber immer noch einen fetten Trumpf unter der Kutte. Lalleluja!

Oliver Maria & Joseph Schmitt



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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg