Inhalt der Printausgabe
Februar 2005
Humorkritik (Seite 6 von 7) |
O weh, OB! |
Voll war und ist die Welt seit Nero von Potentaten, die sich zwecks Entspannung von den Haupt- und Staatsaktionen des großen Historienwirrwarrs den schönen Künsten widmeten. Vor allem die Literatur wird da gerne genommen, was grade die Neuzeit global bestätigt: Mao, Saddam Hussein, Vac. Havel, M. al-Gaddafi (s. TITANIC 12/04). Entgegen gängigen Stigmatisierungen versuchen sich deutsche Politiker gerne im heiteren Genre, quetschen dabei aber nur allenfalls Büttenredenähnliches aufs Papier, wofür der Stuttgarter-Ex-OB Manfred Rommel oder die Witzkugel Norbert Blüm als gleichermaßen traurige wie repräsentative Beispiele gelten mögen. Jochen Steffen, der verblichene und vergessene ehemalige Häuptling der SPD Schleswig-Holsteins, erreichte in den 70ern mit den "achtersinnigen Gedankens" seiner Kunstfigur Kuddl Schnööf vergleichsweise Erstliganiveau. In welcher Klasse spielt nun das Münchner Politikum Christian Ude (SPD)? Sicher nicht in jener, in der ihn sein Verlag werbend ansiedelt: Als "unglaublich guter Kabarettist, der in seiner Nebentätigkeit als Münchens Oberbürgermeister Stoff in Hülle und Fülle findet", tritt Genosse Ude in seinem neuen Werk "Ich baue ein Stadion und andere Heldensagen" (Piper) keinesfalls auf die Bühne. Nicht nur, weil der ausschließliche "Sagen"-Held der unglaubliche Sozialdemokrat selbst ist. Vielmehr sind dessen Histörchen und ihr brummbiederer "humhum"-Humor (W. Kempowski) so fad wie ein Hendl ohne Haut und ein Schweinsbraten ohne Knödel. Ude tritt mit Naddel im TV auf. Ude schenkt dem Ude-Eiland Mykonos auf 21 üppig mit Ude-Fotos bebilderten Seiten einen Ude-Pelikan. Ude sagt in Rottach-Egern Ludwig Thoma auf. Ude ist bei einem Architekten-Contest "dem Weltgeist auf der Spur"; eher schon ist Ude unentwegt Ude auf der Spur, einem listigen und lustigen Eulenspiegel, der sich stets als sehr bedeutend entpuppt und mit einem guten Humor gesegnet ist: "Es gibt weltläufige Gelehrte, hanseatische Publizisten und namhafte Bundespolitiker, die gelegentlich die interessante Auffassung vertreten, man solle im Münchner Rathaus keinesfalls glauben, der Nabel der Welt zu sein. Das gibt schon zu denken." Freilich. Wer um Himmels willen kauft solch Schmarrn? Antwort: Christian Ude. Um ihn dann all den "hochgestellten Persönlichkeiten" aufzudrängen, deren "recht spektakuläre Bekanntschaften" ("etwa mit der Königin von Norwegen, mit dem Kaiser und der Kaiserin von Japan und sogar mit Michael Jackson") der "Satiriker im Chefsessel der heimlichen Hauptstadt Deutschlands" in derselben ständig zu machen pflegt; und die des Deutschen dann hoffentlich nicht mächtig sind. |
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