Als Edmund Stoiber im Vatikan mit einer Abordnung von CSU-Granden dem bayerischen Papst seine Aufwartung machte, verblüffte Benedikt XVI. den Wolfratshausener mit einem denkwürdigen Satz: »Staub bist du, und zu Staub kehrst du zurück. Mei, wo ich doch diese Allergie hab’, tschua!«
Das launige Memento mori des Joseph Ratzinger wird Edmund Stoiber in den Ohren geklungen haben. Der Mann, der schon fast so legendär wie sein Ziehvater Franz Josef Strauß war, der Mann, der bei der letzten bayerischen Landtagswahl für seine CSU eine sagenhafte Vierfünftelmehrheit einfuhr, der Mann, der als einziger CSU-Politiker eine Parteikarriere zuwege brachte, ohne je im Vollrausch Auto gefahren zu sein – diesem Mann dämmert nun, daß seine Zeit vorbei ist.
Im kleinen Kreis hat er über den wahren Grund seines plötzlichen Rückzugs gesprochen, und eigentlich war niemand im Ernst überrascht. Daß er, Stoiber, mit ihr, Merkel, nicht kann, es war ja stets zu klar gewesen. Niemanden hat er je neben sich geduldet, von dem echte Konkurrenz zu erwarten gewesen wäre, und ein erster Glücksfall, daß es in der Volksschule von Oberaudorf wie später im Rosenheimer Gymnasium keine blitzgescheiten Juden mehr gab; und Stoiber also glänzen konnte. Wie später als Aktenträger und horribile dictu Bor- oder wenigstens Blödmann seines Chefs Strauß, dem er das Fallbeil und den Beißer machte, der durchrassten oder wenigstens durchrussten Gesellschaft zu wehren; und dafür dann, nachdem der allzu xenophile und deshalb zu Recht untragbare »Amigo« Streibl aus dem Amt getrieben, auch ganz logisch den Nachfolger geben durfte und pater bavariam; oder jedenfalls -riae.
Und was hatte ihn, Stoiber, der Weg dahin gekostet! Die besten Jahre hatte er hingegeben über irgendwelchen Scheißakten betreffs lokaler Ökostauseen und Homokasernierung und Länderfinanzqueckquack, war spät und immer später nach Hause gekommen und mußte zum pflichtgemäßen Kinderzeugen auf den Sonntagmorgen ausweichen, noch vor dem Kirch- und sogar Stuhlgang; und jetzt, plötzlich, der Sessel in der Staatskanzlei war eben erst warmgesessen und M. Söder gottlob noch nicht einmal recht schambehaart, kam da eine Kuh aus Mitteldeutschland, kam eine Protestantin aus dem nichtkapitalistischen Wirtschaftsgebiet daher, hatte dieselbe outfitferne Aura wie Stoiber selber und schaffte sich in Rekordzeit hoch; und lud ihn, E. Stoiber, dann irgendwann zum Frühstück ein. Und machte ihn zum Kanzlerkandidaten!
Verziehen hat er’s ihr nie. Denn ohne Merkels Machtwort bzgl. seiner, Edes, Kanzlerkandidatur hätte er, Stoiber, es im nullzweier Jahr ja nicht gar so knapp vergeigen müssen, sondern hätte die Zonale schön gegen Flutkanzler Schröder untergehen lassen können; und sich heuer von den Flintenweibern in Berlin nicht zum Narren halten lassen brauchen.
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