Inhalt der Printausgabe

März 2004


DEUTSCHLAND im SUPERWAHLJAHR


14 Wahlen in 12 Monaten, davon rund 800 allein am 13. Juni: gähngähn-schnarchschnarch ist was anderes. Hier alle wichtigen Termine, Fakten und Trendprognosen (inkl. Terminen) auf einen Blick:


29.2.
Hamburg, LW


Der Greenpeace-Förderkreis Hamburg-Rahlstedt trifft sich Ende Februar in der "Kajüte" und entscheidet, ob der Abend seriös (Grauwal) oder betrunken (Blauwal) weitergehen soll. Walbeobachter rechnen auf jeden Fall mit einem tranigen Abend.

13.6.
Europa


Menschen in Europa müssen plötzlich und ohne Hilfe entscheiden, von welchem Land sie Reisekataloge anfordern sollen, und kreuzen einfach mal alles an. In Straßburg, Brüssel und Luxemburg richtet man Bürgertelefone ein, einmal schellt es (Luxemburg) - verwählt! Daniel Cohn-Bendit gewinnt ein Casting für die Rolle als Karlsson vom Dach mit absoluter Mehrheit und wird Werbeträger für Joghurt französischer Herkunft (Roter Dany mit Sahne).

13.6.
Mecklenburg (Vorpommern), KW


Ist die Verwaltung auf die vielen Stimmen vorbereitet? Insider sagen: Ab Mezzosopran sind die Umschläge zu klein. Umfragen zufolge wollen 27 % der Bevölkerung ihre Stimme bei der DLRG abgeben und 41 % bei der Feuer-wehr (freiwillig). Richtig wäre die Post. 39 % sind fest entschlossen, ihre eigene Stimme abzugeben, 16 % wollen die eines anderen abgeben, 11 % wollen mit "ungültig", 4 % mit "ungültig oder Bariton" stimmen. Die logopädische Industrie an der Ostsee wittert Morgenluft.

13.6.
Baden-Württemberg, KW


In Stuttgart und Umgebung wird erstmals vollelektronisch gewählt. Dazu hat die Regierung flächendeckend Automaten aufstellen lassen, die gewünschte Option wird per Tastendruck aktiviert: 50 Euro, 100 Euro, Panaschee, Kumulee, andere Getränke (bitte entnehmen). Die Promillegrenze wird nach dem d´Hondtschen Verfahren ermittelt (ungeachtet etwaiger Hangover-Mandate).

13.6.
Sachsen--Anhalt, KW


Von diesem Land wissen noch nicht einmal seine Einwohner, wo es liegt. Es ist so klein, daß die Telekom hier auf Rufnummern verzichtet und nur Vorwahlen durchführt, nach amerikanischem Muster. Um so größer war die Freude der Sachsen-Anhaltiner (und Sachsen-Anhaltinerinnen), als durchsickerte, daß am 13.6. Kommunalwahlen hinzukommen sollen.

13.6.
Sachsen, KW


69,9 % aller Dresdner Stadt-räte können sich Jeanette, die Tochter von Kurt Biedermann, als Bürgermeisterin von Leipzig vorstellen. Nur 43 % würden sie gerne als Hausmeisterin sehen. "Aber mir ham ja geene Waal, oder doch? Ochsoo!" Tu felix saxonia…

13.6.
Thüringen, LW


Am Sonntag, den 13. Juni ist es in Thüringen soweit. Alles was unter der Woche in einer Kantine ißt, überlegt, ob es am 14. Juni Kalbsgeschnetzeltes oder den Herausforderer Rindsroulade wählen wird. Beobachter sehen Kalbsgeschnetzeltes klar vorn, für sie stellt sich nur noch die Frage, ob es Rindsroulade gelingt, dieses Mal Essen III (Nasi Goreng) in die Schranken zu weisen. Spannender geht's nicht!

13.6.
Saarland, KW


Fällt aus. Statt dessen covern die "Starfuckers" aus Homburg/Saar ab 14 Uhr in gewohnt gekonnter Weise Stones-Songs mit flotten Riffs und allem (Homburg/Saar, "Kutsche", Eintritt: 5 Euro).

27.6.
Thüringen, KW


Zwei Wochen später ist es in Thüringen schon wieder soweit: Alles was unter der Woche zu Jen-optik unter Prof. Dr. Späth zum Arbeiten geht, denkt über die Sentenz "Wer zu spät kommt, den bestraft die Zeit" nach. Irgendwann klingelt es auch bei der 500 Mann starken Werks-de-mon-stra-tions-abteilung; nach etwas Bedenkzeit "trumpft" man mit einer sogar noch etwas besseren Variante auf: "Wer zu Spät(h) kommt, den bestraft die Zeit". Und so wird es dann auch aufs Banner geschrieben. Man weiß ja nie.

5.9.
Saarland, LW


Das Autohaus Kleinert in der Saarbrücker Daladier-Straße sucht eine neue Volksvertretung (Wagen). Herr Peter Müller hat Interesse an der Aufgabe angemeldet, Herr Heiko Maas auch. Müller gibt an, er sei zur Zeit als "Ministerpräsident" tätig, Maas beschreibt sich als "SPD-Landesvorsitzender". Das Autohaus Kleinert war zu einer Stellungnahme nicht bereit. Ob Klaus Töpfer kandidieren wird, war bis Redaktionsschluß unklar.

19.9.
Brandenburg, LW


Matthias Platzeck (SPD) und Jörg Schönbohm (ebenfalls CDU) haben beschlossen, 10 Prozent ihrer Stimmen einem guten Zweck zukommen zu lassen; im Gespräch ist Manfred Stolpe.

19.9.
Sachsen, LW


Ob Georg Milbradt Landesvater bleibt, wird nicht zuletzt davon abhängen, wie sich die Bürgerinnen und Bürgerinnen des Landes Sachsen entscheiden (bei der Landtagswahl, in Sachsen). Wenn sie sich entscheiden, ihn zu wählen, hat er gute Chancen. Aber nur, weil das vor fünf Jahren geklappt hat, muß es dieses Jahr nicht automatisch wieder so sein. Man weiß es nicht, es muß erst noch gewählt werden. Milbradt hört sich ein kleines bißchen wie Milzbrand an.

26.09.
Nord-rhein-Westfalen, KW


Von 2000 vorab Befragten in Nordrhein-Westfalen gaben 94 % an, sie würden auch auf "kommunaler Ebene eine gute Politik begrüßen", 97 % würde "ein gutes Wetter aber auch reichen, z. B. bei uns". Das amtliche Endergebnis kommt abends im Fernsehen.




Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt