Inhalt der Printausgabe

Juni 2004


TITANIC Telefon-Terror
(Seite 4 von 4)

Vera Dominke, CDU

"Da nützt das Überreden nichts!"
TITANIC ...und werden Sie eher im Sinne der Partei oder als Frau wählen?
Dominke Sowohl als auch! Weil, ich halte das für identisch in diesem Fall.
TITANIC (verwirrt) Das heißt, Sie werden für Frau Schwan stimmen?
Dominke Nein! Für Herrn Köhler. Weil ich das für sehr sinnvoll halte, wenn wir demnächst eine Kanzlerin haben. Und das wissen Sie auch!
TITANIC Und das höchste Amt im Staate wollen Sie deswegen für so parteitaktische Schiebereien benutzen? Haben Sie mal daran gedacht, daß es dadurch auch beschädigt werden könnte?
Dominke Das ist für mich keine Schieberei!
TITANIC Und Herr Köhler ist nur eine Marionette, eine Schachfigur?
Dominke Nein, und wie auch immer, das steht bei mir fest, da nützt das Überreden nichts!

Ingrid Fischbach, CDU

"Zu schnatterig!"
Fischbach ...sie ist nicht mein Typ von Frau.
TITANIC Verstehe. Aber sollte man das vom persönlichen Geschmack nicht so ein bißchen losgelöst sehen?
Fischbach Sie ist mir da ein bißchen zu, ich sag's jetzt mal ganz profan, unter uns bleibt das ja auch, so ein bißchen zu schnatterig und zu wild.

Maria Michalk, CDU

"Das ehrt mich,
daß Sie mich anrufen!"
Michalk ...ganz fest: für Herrn -Köhler!
TITANIC Und daß Sie den Frauen in Deutschland einen Bärendienst erweisen, ist Ihnen klar?
Michalk Ich finde es furchtbar, wenn man immer Frauen ins Rennen schickt, wenn es schwierig ist. Das ist tragisch für die Frauen, aber ich bin da sehr fest in meiner Entscheidung!
TITANIC Aber haben Sie nicht das Gefühl, daß das ein wenig schade ist, daß das Ganze jetzt für so eine wahltaktische Schieberei benutzt wird?
Michalk Für mich ist das keine taktische Frage, sondern echte Überzeugung. Ist zwar schade, daß es den Mann trifft, das war jetzt frauenpolitisch gesagt, aber ich bin da wirklich fest. Also, das ehrt mich, daß Sie mich anrufen, ich sag das vertraulich. Aber ich bin wirklich entschlossen.
TITANIC Und kann ich Ihnen irgendein Angebot machen? Irgendwas, was Ihnen am Herzen liegt? Daß Sie in Ihrem Wahlkreis mal auf eine SPD-Stimme angewiesen sind?
Michalk (lacht) Es gibt viele Dinge in meinem strukturschwachen Wahlkreis in Bautzen. Aber ich hab das früher so gehalten, zu DDR-Zeiten, und ich bleib bei meiner Linie. Irgendwo ist mein Gewissen immer noch funktionsfähig.
TITANIC Finde ich gut. Kann ich Ihnen eine Konjunkturspritze anbieten für Ihre Gegend?
Michalk Ja, kucken Sie sich mal den Bundesverkehrswegeplan an. Da ist ein SPD-Antrag eingebracht worden, der ein richtiger Schlag ins Gesicht für Bautzen ist.
TITANIC Also ich habe Vollmachten, solche Sachen durchaus noch einmal wohlwollend zu betrachten.
Michalk Aber nicht für den Preis! Es ist die Westtangente Bautzen, die man in den weiteren Bedarf zurückgestuft hat! Das ist hier eingeschlagen wie eine Bombe.
TITANIC Tangente? Kein Problem. Wir bauen Ihnen eine.
Michalk (lacht) Kucken Sie sich die Sache mal an, aber ich will das eine nicht mit dem anderen vermischen.
TITANIC Ich könnte Ihnen in Aussicht stellen, daß eine neue Bundespräsidentin sich in den nächsten Monaten in erster Linie um diese Tangente kümmert.
Michalk (freundlich) Das glaub ich sofort, aber ich mach so was grundsätzlich nicht!
TITANIC (emotionslos) Sie können auch eine Landesgartenschau nach Bautzen haben.
Michalk Das ist alles verlockend, aber ich vermisch die beiden Sachen nicht!
TITANIC (schwärmerisch) Es wäre so schön für die Frauen in Deutschland!
Michalk Das kann ich mir vorstellen. Ich bin auch vom Herzen her eine Frauen-Politikerin, aber wir sind aber nicht nur für die Frauen da!

Barbara Lanzinger, CDU

"Aber so schön ist die nicht!"
TITANIC ...wir möchten einen Vertreter haben, der etwas weiblicher und etwas lebendiger ist.
Lanzinger Ja, wissens, mit der Weiblichkeit, das ist so eine Sache!
TITANIC Ja, weiß ich.
Lanzinger Und der Herr Köhler, das muß ich Ihnen nicht sagen als Büroleiter vom Herrn Benneter, wie wichtig wir drauf achten müssen, weltpolitisch...
TITANIC Frau Schwan sieht besser aus!
Lanzinger Das interessiert mich nicht.
TITANIC Nun, zuerst mal wirken ja Bilder, also weltpolitisch gesehen...
Lanzinger Aber so schön ist die nicht! (lacht los) Und dann hätten Sie den Rau nie nehmen dürfen, da haben Sie einen eklatanten Fehler gemacht!
TITANIC (betreten) Das will ich ja gar nicht bestreiten...
Lanzinger Wir haben uns diesmal bewußt für einen Mann entschieden, weil er uns geeignet erschien. Aber Sie spielen ja im Hintergrund, das kennen Sie besser als ich. Und ich kenne ja Ihren Kanzler, hahaha!

Daniela Raab, CDU

"Oh, wirklich?"
Raab ...also ich wähle auch als Frau. Es bringt mir nichts, wenn ich eine Frau wähle, von der ich nicht überzeugt bin. Es ist mein größtes Interesse, daß die Frauen auf dem Vormarsch sind, aber nicht um jeden Preis. Das ist ja auch das, was wir in der Frauen-Union vertreten.
TITANIC Das ist ja auch das, was uns Männern gefällt. Aber darf ich Ihnen noch irgendwas anbieten? Ein Projekt in Ihrem Wahlkreis? Irgendwas, was Ihnen die SPD kaputtgemacht hat in letzter Zeit?
Raab Poh, da würd mir jetzt spontan nichts einfallen. Ich hab auch zu meiner SPD-Kollegin hier in Rosenheim einen ganz guten Kontakt, wir kratzen uns also nicht jeden Tag die Augen aus oder so was Albernes. Von daher ist das eigentlich okay.
TITANIC Denn ich habe heute bereits eine Tangente vergeben.
Raab (überrascht) Oh, wirklich?
TITANIC Ja, im Osten, da ist man noch etwas mehr drauf angewiesen als in Süddeutschland.
Raab Ja, also, wenn es um so was geht: Der Ausbau der A8 von München in Richtung Salzburg...
TITANIC (erschrocken) Es gibt natürlich eine Obergrenze, von Dingen, die wir bewilligen können. Aber ich glaube, daß einer Bundespräsidentin der Ausbau solcher Verkehrswege sehr am Herzen liegen würde!
Raab (lacht) Ich glaube, die liegen dem Herrn Köhler auch sehr am Herzen, als Mann der Wirtschaft.
TITANIC (entsetzt) Gute Güte! Sie haben da doch keine Angebote in dieser Richtung bekommen?
Raab Na, ich glaub, das ist nicht die Aufgabe des Bundespräsidenten, da Gelder zu verteilen.
TITANIC Nein, das macht die Partei, die den Kanzler stellt. Und den Generalsekretär. Und den Büroleiter des Generalsekretärs.
Raab Oder wir warten's ab, bis wir wieder an der Regierung sind... (lacht ansteckend)
TITANIC (lacht mit) Im Moment sieht's ja so aus, als ob das nicht mehr lange dauert...
Raab Na, da bin ich äußerst behutsam unterwegs! Das darf ich Ihnen gar nicht erzählen, Herr Froschmann, das weiß jede Partei, wie schnell Wahlen auch verlorengehen können...

Ja. Besonders wenn wir Frauen nicht zusammenhalten.

Martin Sonneborn



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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg