Inhalt der Printausgabe
Juli 2004
Humorkritik (Seite 7 von 9) |
Nullnummer eins |
Eines meiner erklärten Lieblingsbücher, also eines von jenen, die ich mindestens einmal pro Jahr zur Hand nehme, um ein bißchen darin zu blättern, und die ich dann aber jedesmal schnurstracks durch- und weglese, ist, nun ja, "Mein Tagebuch" von Lothar Matthäus (Fußball). Es ist dies das womöglich lustigste Fußballer- und Sportlerbuch überhaupt - sogar noch ziemlich vor "Toni" Schumachers halblegendärem "Anpfiff" von 1987 -, in welchem Geltungs- und Darstellungssucht des Groß- und Societyfußballers mit der Trübnis der Vorgänge wie ihrer Schilderung ("Fahre zum Kiosk, lese: ›Scholl lief Frau weg!‹ Muß ›Scholli‹ sofort anrufen") aufs unterhaltsamste kollidieren. Als das im Gegenteil langweiligste Sportlerbuch aller Zeiten muß dagegen ab sofort Oliver Kahns autobiographischer Bericht "Nummer eins" (Droemer) gelten. Zwar fallen hier Anspruch - Kahn hat angebl. ausdrücklich auf einen Ghostwriter verzichtet - und Ergebnis auch hübsch auseinander, aber der verbissen hohe Ton des Abiturienten Kahn ist einfach zu hohl und seine Sätze sind einfach zu leer, als daß es da noch irgend etwas zu lachen geben könnte: "Von kreativem Spiel spricht man eher bei den Mittelfeldspielern. Sie antizipieren bestimmte Spielsituationen und können im entscheidenden Moment einen überraschenden Paß spielen oder ein für das Auge wunderschönes Tor erzielen. Ihnen ist dann etwas eingefallen, woran andere in diesem Augenblick nicht gedacht haben. Das ist die berühmte Eingebung, die gute Feldspieler auszeichnet" - und Torhüter eben nicht; jedenfalls wenn Sie sich, literarischen Ruhm antizipierend, an den Schreibtisch setzen. Warum unsere zeitgenössischen Fußballer übrigens so professionell unlustig sind, erfährt man neben vielem anderen in Klaus Theweleits Buch "Tor zur Welt: Fußball als Realitätsmodell" (Kiepenheuer & Witsch); und was für ein Reaktionär der Günter Netzer ist, auch. |
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