Inhalt der Printausgabe
Januar 2004
Aus der Serie "Kommunisten helfen Wirtschaftsführern" Goethe und sein Ackermann (Seite 5 von 5) |
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"Mit welcher Motivation sind Sie hier?" will da ein sympathischer Ex-Geschäftsführer (66) in Trench und rotem Pullunder wissen, den wir zur Abwechslung und aus meteorologischen Gründen vor der Cafeteria stellen. Schlimm, wenn man schon bei der ersten Frage praktisch passen muß! "Der braucht Sie doch gar nicht", überspielt der kregle Spätakademiker geschickt Gärtners akute Argumentationsnot. "Der hat doch seine Anwälte, und das geht dann vor Gericht seinen ordentlichen Gang. Warum wollen Sie den befreien? Das ist doch Spaß. Oder eine Studie? Anders kann ich mir das nicht erklären." Na ja, gibt sich M.A. Gärtner beinahe schon geschlagen, es sei, öhöm, so eine Art Studie, die via polemische Zuspitzung provozieren und, äh… Diese unerreicht fadenscheinige Begründung reicht dem agilen Langzeitstudenten dann immerhin, die Fragebogenfragen doch noch zu beantworten: "Ackermann ist für mich ein Machtmensch, der vielleicht einfach nur ein Topmanager sein will, vielleicht aber auch eigene Ziele verfolgt, die ich nicht kenne." Immunität? Natürlich nicht, so was sei doch immer auch ein Reinigungsprozeß, und das Strafmaß für derlei Vorgänge stehe im Strafgesetzbuch, so wie bei Effe, der zu 100000 Euro verurteilt worden sei, weil er zu einem Polizeibeamten "Arschloch" gesagt habe, aber vielmehr selber ein Arschloch sei und nicht einmal ein guter Fußballer, "genauso wie Kahn, der Prolet". Foltern dürfe man aber weder Arschlöcher noch Proleten noch auch Wirtschaftstopkapitäne, höchstens einschüchtern oder "massiv unter Druck setzen", so wie das "Jean Gabin in seinen Rollen als Polizeikommissar" immer getan habe. | |
Aber der ist ja nun einmal sogar offiziell tot und kann Acki Ackermann auch nicht mehr helfen, weder mit noch ohne Druck. So langsam werden wir ratlos. Wer soll's bloß richten? Batman? Oder doch wieder nur TITANIC-Geheimwaffe Mark-Stefan Tietze, der sich aus Tarnungsgründen schon stundenlang von einer Ecke in die andere drückt? Aber, o weh!, auch die Hoffnung in unseren Undercover-Nihilisten zerstiebt wie ein süßes, flauschiges Häschen im Mixer: Von einem ehemaligen Mitbewohner enttarnt und in die Bewußtlosigkeit geredet werden ist nämlich eins. "Stecksch du dahinter, heh? TITANIC, heh? Isch hen doch gleisch gewußt, daß mit eusch was net stimmt!" ruft der begeisterte Saarländer mit geradezu ackermannscher Lautstärke. "Isch sitz in der Mensa do drübe und denk die ganze Zeit: Dene hau isch gleich in die Fresse, das sin doch keine BWLer! Das paßt doch net! Mit dem Ackermann und dene Plakate! Die mache uns doch was vor! Hehe!" Er macht einige Schritte zurück, greift zum Handy, wählt Freunde an und schreit hinein: "Hehe! Ihr müßt nüberkomme! Hier sin Leut von de TITANIC! Die verarsche uns! Hehe!" Tietze ergreift erschrocken seinen Arm und bittet den jungen Schulversager, unsere Tarnung nicht zu gefährden und unverzüglich zu gehen. Er nickt verständnisvoll, sagt "Klar, nee! Is okay!", um dann sofort zu Gabelfrühstücksdirektor Rürup hinüberzurennen, sich grinsend vor ihm aufzupflanzen und triumphierend zu brüllen: "Hehe! Isch weiß jetzt, wer ihr seid! Ihr seid von de TITANIC! Hehe!" | |
Wer zuletzt lacht, lacht am wahllosesten. Wir sind geschlagen. Ackermann, geh du voran - und zwar aufs Schafott. Denn außer Albernheiten ("Lieber Dr. Ackermann, beim nächsten Mal besser aufpassen! Mit solidarischen Grüßen, unleserlich") und fast schon oberseminarkompatibler Besserwisserei ("Ackermann verhaftet? Hab ich heute morgen schon im Radio gehört!") hat die studentische Derrière-garde heute ausnahmsweise nichts zu bieten. Wir natürlich auch nicht. Aber uns steckt man's ja auch nicht hinten und vorne rein wie den "feinen" Damen und Herren Studenten, denen das tränentreibende Schicksal von Deutschlands beliebtestem Bankangestellten mindestens so egal ist wie Rechtschreibung oder Turbostudium. Ho - ho - hol sie der Teufel. Gärtner/Nagel
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