Inhalt der Printausgabe

Februar 2004


Humorkritik
(Seite 8 von 8)

Tier & Witz

Zu Goethes Zeiten waren Fabeln noch sehr beliebt - wer der Obrigkeit etwas mitteilen wollte, der sagte es durch das wenig justitiable Tier; Fuchs und Hase hoppelten und schlichen nur so durch kritische und oft auch komische Texte. Heute ist dieses Genre fast ausgestorben, denn unsere Obrigkeit bekommt das Ihre ordentlich mit dem Holzhammer und eher direkt präsentiert. Tiere geistern nur noch durch die Cartoonbücher. Im Hause Lappan Verlag sind gleich drei erschienen.
Stefan Butz zeichnet schon seit Jahren Bären, die irgendwie witzig sind oder zumindest spaßige Situationen erleben. Sein neuestes Buch "Brunftzeit heute" kommt allerdings fast ohne Pointen aus. Das bringt vielleicht die Arbeit für den Stern, Journal für die Frau und selbermachen mit sich. Bereits beim ersten Durchblättern stieß ich auf mehrere völlig witzfreie Cartoons. Zum Beispiel meint ein im Bett liegender Bär zu seiner Bärin: "Schatz, schau mal: Der Honigmond!" Diese schaut aber gar nicht, sondern antwortet: "Hmm, laß mich schlafen. Ich träume gerade von dir."
Ähnlich öd sind André Sedlaczeks Pinguine. Diese watscheln durch das ewige Eis und erleben sehr viel Ungemach mit vollkommen gleich aussehenden Brüdern und Schwestern, mit viel Schnee und einigen Eisbären. Zeichnerisch ist Sedlaczek mit seinem Buch "Ich hab'n kalten Arsch!" allerdings auf der Höhe der Zeit. Der Hintergrund vieler Bilder läßt Talent erkennen, und die auftretenden Tiere sind ansprechend gestaltet. Aber die Witze selbst brachten bei mir keinen großen Lacher hervor, bestenfalls leises Mundwinkelzucken, nur einmal ein kräftiges Glucksen. Letzteres geschah bei der Zeichnung "Das Wunder der Wiedergeburt". Hier schlüpft ein Pinguinjunges mit den Worten: "Scheiße! Wieder ein Pinguin!"
Das letzte und zugleich dämlichste Tierspaßbuch kommt von Michael Ryba und nennt sich "Alles für die Katz!". Der Titel ist sprechend: Es geht um Katzen. Aquarien gehen zu Bruch, fette und verhätschelte Kater treten auf, und hysterische Katzenfreunde wollen ihre Lieblinge von hohen Bäumen retten. Wer dieses Buch geschenkt bekommt, sollte es zur Weiterverarbeitung schnellstens an eine Katze seines Vertrauens übergeben.


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg