Inhalt der Printausgabe
Dezember 2004
Vom Fachmann für Kenner (Seite 14 von 16) |
Heilige Nacht Einmal, es war mitten im Winter, da war ich derart restlos abgebrannt, daß ich mich schlicht außerstande sah, meinen geliebten Kachelofen auch nur lauwarm, geschweige auf höhere Temperaturen zu kriegen; worüber ich tiefe Scham empfand. Die Misere fein zu überspielen, tat ich wochenlang nichts als peinlich quinkelieren, heimlich frieren… Heiligabend dann aber plötzlich, so gegen sechs, hielt ich beim Messehören (oder Fernsehkucken) wie unvermittelt inne, schmetterte meine flache Rechte auf die Tischplatte, wetterte kältenebelschnaubend in die enge Stube: "Gott, was ist das hier eine Schweinekälte!" und schleuderte auf ihn, den Ofen, einen Eisesblick des Vorwurfs - aber wie er da so stumm und tonlos blieb, starr gefroren sich nicht rührte und die Kacheln fiebrig glänzten, da kam ich dann auf einmal doch zu ihm gelaufen rasch, lehnte mich, die tränenfeuchten Lider niederschlagend, sachte gegen ihn, und spendete und teilte mit ihm das letzte Fünkchen Wärme, das ich selbst noch im klapperdürren Leib zu spüren und mit kleinen Branntweinschlückchen am Erlöschen hindern zu können glaubte. Claudio Gutteck
|
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 | 16 |