Inhalt der Printausgabe
September 2003
Humorkritik
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Unnatürlich blond |
Frauen haben's in Hollywood schwer. Gute Parts - Hauptrollen gar - sind rar; und bevor es die gibt, muß man sich als Flittchen- und Schlampen-Darstellerin hochdienen. Sharon Stone zum Beispiel wollte ihren legendär hohen Intelligenzquotienten unter Beweis stellen, indem sie sitzend die Schenkel übereinanderschlug, ohne vom Stuhl zu fallen ("Basic Instinct"). Das Experiment glückte, aber genützt hat es ihr wenig; sie gilt auch heute noch zuvörderst als Sexsymbol. Nur wenigen Schauspielerinnen gelingt es, die Regeln zu befolgen und dennoch zu gewinnen. Julia Roberts hat es geschafft. Wurde sie in "Pretty Woman" noch einschlägig besetzt, konnte sie sich mählich zum Star hocharbeiten ("Notting Hill") und gewann mit "Erin Brockovich" schließlich einen Oscar und Anerkennung. Reese Witherspoon versucht, es Julia Roberts gleichzutun, allerdings muß man sagen, daß sie die Methode pervertiert statt kopiert. Sie begann als schlampige Schwester von Toby Maguire in "Pleasantville" und spielte eine Fille fatale in "Cruel Intentions". Dann war die Zeit für eine Hauptrolle reif. Sie entschied sich für die Komödie "Natürlich blond" und hatte leider Erfolg. Der Auftritt der Anwältin Elle Woods wirkt, als hätten Frauenfeinde von Taliban und Vatikan eine emanzipierte Frau karikiert. Der berufliche Erfolg der Figur hat dieselbe Funktion wie eine Brustvergrößerung: Er soll helfen, das Trophy Girl irgendeines Heinis zu werden. Am Ende bleibt nur die Frage, wen man mehr bedauern soll: Frauen, die sich derart verrenken, oder Männer, die auf den leblosen Mix aus Centerfold, Cheerleader und Aufblaspuppe abfahren. Die Formel liegt auch "Sweet Home Alabama" und "Natürlich blond 2" zugrunde. Optimisten könnten behaupten, Reese Witherspoon parodiere in ihren Filmen die Pseudo-Karrieren von Frauen wie Verona Feldbusch et al., doch bin ich nicht mehr jung genug, das zu glauben. |
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