Inhalt der Printausgabe

Oktober 2003


Humorkritik
(Seite 7 von 7)

Oedimir Kasschmid

Von den übergewichtigen Werken des Dichters Hermann Sudermann (1857-1928) sagte der Literaturhistoriker Albert Soergel: "Hier schlagen Herzen aus Pappendeckel."
In der Weltbühne, Jahrgang 1921, wurde der Dichter Kasimir Edschmid, der eigentlich, aus Darmstadt gebürtig, Eduard Schmid hieß, als "der Sudermann unserer Tage" tituliert, noch zu Lebzeiten desselben. In dieser Zeitschrift heißt er dann in den folgenden Jahren einmal "der Sauhirt", dann wieder "der Sprachschänder", der stets bemüht sei, "die deutsche Sprache in ein fremdes Idiom" zu verwandeln. Peter Panter nennt ihn einen "Sechserhumoristen", Tucholsky schreibt: "Der Fall, daß einer in zwanzig Jahren literarischer Arbeit seine Muttersprache nicht erlernt, ist nicht häufig." Von Hans Reimann wird er in "Oedimir Kasschmid" umbenannt; "Tant de bruit pour cet homme de lett'!", schleudert ihm Ferdinand Hardekopf entgegen; Peter Scher gibt einen Vierzeiler dazu: "Oft begegnet auf der Straße mir ein Gespenst mit Namen Kasimir. Immerhin doch freu ich mich, daß dieser Geist wenigstens nicht auch noch Edschmid heißt." Genüßlich zitiert die Weltbühne einen gewissen Johannes A. Freesemann, der im August 1924 in der Wochenendbeilage der Ostsee-Zeitung jesusmäßig auf Edschmid einfuhr: "Sprachschöpferisch war Edschmid nie. Er war ein Raffer, aber kein schaffender. Er ist ein Kriegsgewinnler und ›Parasit auf Sternheim‹, wie Franz Blei feststellt. Stilistisch war er ein Möchtegern, ein Habebald. Seine Grammatik kennzeichnen die Manieren der Piefke und Raffke, und da er das Erotische zum Vorwurf seiner Kunst zu nehmen beliebt, gilt von ihm selbst, was er Otto Julius Bierbaum zuschmiert: Er schreibt, wie er etwa ißt und badet und ins Bett steigt: schamlos schmatzend, erotomanisch nackt und nicht trotz, sondern grade wegen seiner Individualitätswut nie allein."
Das ist nur eine Auswahl aus meiner Sammlung von Edschmid-Abweisungen. Was hatte Kasimir Edschmid, geb. Schmid (1890-1966), nur an sich, daß er so arg beschimpft wurde? Ich weiß es nicht, will es auch durch Lektüre nicht erfahren. Zufällig habe ich jetzt über Edschmid aber den Satz gelesen: "Der deutschen Nachkriegsgesellschaft empfahl er 1949 Albert Schweitzer als Vorbild." Ja, dann! Das genügt mir vollauf zur Erklärung.


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg