Inhalt der Printausgabe
Oktober 2003
Vom Fachmann für Kenner (Seite 13 von 16) |
Unglaublich "Sehr schön ist es übrigens", sagte der schlanke und soignierte Poet Martin Mosebach einmal am Tisch der Bornheimer Bierwirtschaft "Zum Alten Schlagbaum", während er genüßlich den letzten Bissen einer XXL-Rindswurst aufspießte, "nachts aufzustehen und drei Teller Spaghetti mit Butter zu essen." Ungläubig schauten ihn daraufhin zwei Berufskollegen an, denn der dünne Herr Mosebach hatte zuvor am Wasserhäuschen, wo man gewöhnlich ausschließlich Bier und Korn zu sich nahm, bereits zwei Maxitüten Brezeln und eine Partypackung Knuspergebäck verzehrt. Vom Glauben an die Biologie nun vollends abgefallen, beschlossen die beiden daher, dem nimmersatten Mosebach heimlich ein weiteres Gericht zu bestellen und dann zu beobachten, ob er dieses auch noch packe. Man einigte sich flüsternd auf ein Rahmschnitzel mit Bratkartoffeln, erwirkte bei der Bedienung in diskreten Verhandlungen an der Küchendurchreiche wegen der fortgeschrittenen Stunde indes nur eine weitere, dafür jedoch "doppelte" Rindswurst. Wenige Minuten später stellte das Fräulein, ohne die Rede des Dichters Mosebach zu unterbrechen, einen Teller mit zwei prallen Rindswürsten vor dem Mann mit Seidentuch und Sakko ab. Herr Mosebach senkte kurz den Blick, griff zu Messer und Gabel, schnitt die erste Wurst an und fragte: "Wo war ich grad stehengeblieben?" Jürgen Roth
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