Inhalt der Printausgabe
November 2003
Heute startet TITANIC den Vorabdruck seines neuen Enthüllungsbuches
Hinter den Kulissen:Stefan Gärtner (Seite 1 von 2) |
||||
Für wiederbelebte Humorduos gilt das-selbe wie für alte Lieben: Sie kosten Geld und riechen komisch. Menschen ändern sich nicht wirklich, auch wenn sie sich eine neue Ehefrau und einen ollen BMW mit jämmerlichen 85 PS und Getriebeschaden zulegen. Modern Joking war Olivers große Chance, war sein Ticket ins große Witze-Busineß: Fließbandscherze im Akkord, ein unverschämter Chefredakteur und jährlich bis zu zwei Auftritte im Hinterzimmer Schweizer Provinzkneipen. Das ganz große Ding also. Es gibt doch so einen Spruch: "Man soll die Hand, die einen füttert, nicht bescheißen." Mein ganzer Arm riecht nach Jauchegrube, und zwar bis zur Schulter.
Oliver setzte immer auf seine drei alten Verbündeten: Stinkefaulose, Internetitis und Riesenhunger. Unsere Arbeitsteilung war wie folgt: Ich quälte mich minutenlang vor dem Computer, um megascharfe Pointen auf Kosten des Großkapitals zu produzieren. Und Olivers Anteil am neuen Text sah dann so aus, daß er am späten Nachmittag hereingestiefelt kam, mit einem Fleischkäsebrötchen in der einen und einem Oldtimermagazin in der anderen Hand, und mit vollem Mund ein paar Grammatikfehler in den Compi hackte. Völlig ausdruckslos, gelangweilt und, natürlich, voll ekelhaft schmatzend.
Mir kamen dann immer die Galle und der Schweinsbraten vom Frühstück hoch: ",Kommen eine Neger bei Frauenahrzt' - was soll das denn bitte heißen?" fragte ich dann sauer. Doch ich kriegte nur seinen berühmten irren Dackelblick: "Warum denn, Stefan, ist doch lustig! Ich geh jetzt erst mal ins Internet."Internet morgens, Internet mittags, und abends sowieso. Von früh bis spät JavaScript und Homepage und wie der ganze Krams heißt. Und hinterher natürlich "kleine Happen" bei Dr. Flotte, der Arzt, dem die Sauen vertrauen! Es wollte nicht in meinen Kopf rein, wie jemand so bocklos, dumm und verfressen sein konnte. Denn ich habe auch nach vier Jahren noch den Ehrgeiz, absolut hammergeile und grammatisch korrekte Scherze gegen Schweinesystem und "die da oben" zu machen und es allen zu zeigen, vor allem Mutti. Doch Oliver machte mit seiner Art zu "scherzen" jeden meiner Witze fix und fertig. Er versalzte sogar noch das Salz in der Suppe, er war wie das Monopolkapital, das Armenküchen baut.
Mit ein Grund dafür ist Olivers Scherztechnik. Die hat er sich nämlich bei Witz-Opis wie Pit Knorr und Oliver Maria Schmitt abgeschaut: Immer geht ein Mensch schwarzer Hautfarbe zu irgendeinem Gynäkologen, ejakuliert heftig und sagt dann "Helmut Kohl" - megagähn! Es rächt sich nun mal, wenn man seine Zwerchfellmuskeln nicht trainiert. Und Olivers Körper zeigt ganz deutlich, daß sein Besitzer nichts für schweißtreibende Übungen übrig hat. Eher schon was für halbe Schweine, Sauerkraut, Riesenknödel, Kässpätzle, Cordon Bleu, Toffifee, Kohlrouladen, Hähnchenpfanne Korsika, Rahmschnitzel, Mousse au Fettolat und dreißig Bier, und das schon in der Frühstückspause. Kein Wunder, daß er rettungsringmäßig längst Ehrenmitglied bei der Schwabacher DLRG ist und soviel Körperschaftssteuer zahlt wie DaimlerChrysler und Deutsche Bank zusammen. |
||||
1 | 2 |