Inhalt der Printausgabe
März 2003
Wovon wir reden, wenn wir von Regen reden (Seite 9 von 9) |
Plötzlich gab es Schüsse und Geschrei, und ich sah meinen Nachbarn Hank an meinem Fenster vorbei durch den Vorgarten Richtung Garage rennen. Er schrie "Uuuuuuuaaaaah!" und "Hilfe!" und wurde verfolgt von einem halben Dutzend Polizisten. Sie trugen schwarze Uniformen und schossen auf alles, was ihnen vor die Läufe kam: die Mülltonnen, das Kinderfahrrad, den Briefkasten, den Rasenmäher, den Blumenkübel, den Gartenzaun, den Paketboten, den Weihnachtsbaum vom letzten Jahr und den alten Mr. Johnson von gegenüber, der direkt neben seiner Frau zusammensank, die immer noch dalag, wo Hank sie vor zwei Stunden hingeworfen hatte. Noch einmal hörte ich Hank, wie er von fern zwischen Pistolenschüssen hindurch gurgelnd um Hilfe schrie. Ich dachte, daß das wohl einer dieser versteckten Hilferufe war, von denen Vicky gesprochen hatte. Hank war auf der Flucht. Ich starrte in meinen Kaffee und hätte gern gewußt, wovor. Mir war schlecht. Ich zündete mir eine Zigarette an. Dann zündete ich mir noch eine Zigarette an. Dann zündete ich das Haus an (im Traum). Morgen würde Martha kommen und nach meinem schwarzen Anzug fragen. Und natürlich nach Kaffee, was das angeht. Später kam noch ein Pferd und fing an zu grasen. Ich weiß nicht, woher es kam. Es war einfach da und stand in meinem Vorgarten. Aus großen dummen Augen sah es mich an und ließ ein paar Äpfel fallen. Aus seinen Nüstern dampfte es. Es sah aus, als ob es rauche. Auf Pferdelunge. Aber das war natürlich Unsinn. Dann verschwand es, wahrscheinlich nach Süden oder zum Angeln. Ich nahm ein paar Dollar aus dem Kühlschrank, tat sie in ein Kuvert, rief mir ein Taxi und ließ mich zum Briefkasten fahren. Stefan Gärtner
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