Inhalt der Printausgabe
März 2003
Wovon wir reden, wenn wir von Regen reden (Seite 6 von 9) |
Vor dem Fenster saß die Amsel noch immer unter dem Busch, hüpfte aber bereits nervös hin und her. Grau und schwerfällig lag der Tag vor mir, und ich überlegte, ob ich nicht wieder anfangen sollte, Kurzgeschichten zu schreiben. Oder wenigstens Furzgeschichten. Oder Kaffeekochbücher. Andererseits gab das ja alles sowieso keinen Sinn. Der Regen kam und der Regen ging, und wer keinen Schirm hatte, wurde naß. Da konnten sie im Fernsehen sagen, was sie wollten.
Das Telefon klingelte. Ich stand auf, ging zum Apparat und nahm ab. Es war Al. "Hi, Ray, ich bin's, Al." "Hi, Al. Wie geht's denn so?" "Sag mal, Ray, du kennst doch noch Christine aus Ellensburg, die immer mit diesem gewalttätigen Ex-Vorarbeiter von Harrys kleinem Bruder zum Bowlen in Marysville war." Ich hatte keinen Schimmer, wovon er sprach, und nahm einen Schluck Kaffee. "Komm schon, du mußt dich doch erinnern: Christine! Ihre Schwester war mal High School-Königin von Great Falls, bis sie dann den Bruder ihres Onkels geheiratet hat und mit ihm nach Port Dings, na: Angeles gezogen ist." Langsam dämmerte es mir. Natürlich. Manche Dinge liegen so klar vor einem, daß man sie schlicht übersieht. Dabei war es so einfach: Der Kaffee war so schwarz, weil ich keine Milch hineingetan hatte. Andererseits war auch gar keine im Haus. Und ich trank meinen Kaffee sowieso immer schwarz, was das angeht. Ich spürte, daß ich etwas entdeckt hatte. Etwas war in Fahrt gekommen, was ich nicht mehr unter Kontrolle bekam, so wie damals in den Rockies, als ich vergessen hatte, die Handbremse anzuziehen, und der Schulbus… "Schön, und was ist mit Christine?" |
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