Inhalt der Printausgabe
März 2003
Ach du lieber Gott: Hussein in Hanau!
(Seite 2 von 5)
Hanau hat 90000 Einwohner, drei Freibäder, ein Schloß und zwei Diktatoren. Der eine ist von der CDU und nicht nur korrupt, sondern möglicherweise sogar eine Frau, die aussieht wie die häßliche Schwester von Harry Wijnvoord, Margret Härtel heißt und im Verdacht steht, viele tausend Steuereuro in Privatvergnügen geschleust zu haben. Der andere ist definitiv ein Mann, trägt einen respektablen Schnauz und sieht aus wie ein in die Jahre gekommener Saddam Hussein. Wenn er durch die Altstadt spaziert, bepackt mit Biowaffeln, einem nagelneuen Kampfkochtopf sowie einer Anstaltspackung Gewaltmeisterbrause, wird er von Passanten freundlich gegrüßt und hält Schwätzchen über das Wetter, die gestiegenen Speiseölpreise und seinen ältesten Sohn Udai, der in der Heimat im 24. Semester Despotismus, Nepotismus und Hitler studiert. Auch interessiert sich der ältere Herr, wie alle älteren Herren, sehr für Sonderangebote: "Ob Sie mir wohl sagen können, wo ich einen günstigen IIIer Golfkrieg?" fragt er in akzentfreiem Arabisch, und dann lacht er verschwitzt. Trotz seines schweren Schicksals hat er seinen Humor nicht verloren, denn der Rentner mit dem gepflegten Bart ist niemand anderes als Saddam Hussein al-Takriti, uneingeschränkter Herrscher des Irak, im, jawohl: Hanauer Exil. | |
| |
"Ganz schön viele Sunniten in Nadelstreifen bzw. superhäßlichen Übergangsjacken in dieser Stadt." Abermals Saddam-Humor vom Feinsten. | |
Der Saddam Hussein, der im irakischen Fernsehen kämpferische Reden hält, den Amerikanern in den Straßen Bagdads ein Stalingrad bereiten will und vor dem Abendessen geschäftsmäßig siebzehn Jungfrauen schändet, bevor er ihnen einen Vorzugstermin bei Allah verschafft, ist längst nicht mehr der echte Saddam, sondern einer seiner Doppelgänger. "Alles andere wäre auch viel zu gefährlich! Außerdem sieht die Hanauer City praktisch genauso aus wie mein Bunker: 90 Prozent Beton und zehn Prozent kaputt. Und gekochte Rippchen kriege ich hier auch." Hussein in Hanau - das klingt ungefähr so wie Bush in Berkeley oder Glos in Gedanken. Und die malerische Städtebaukatastrophe im Südhessischen ist wahrscheinlich der allerletzte Ort, wo man den gutaussehenden Gewaltherrscher erwarten würde. Gerade das macht sie für den 65jährigen so attraktiv: keine Fernsehkameras, kaum Amerikaner, und die CIA hat nur ein ganz kleines Büro, über einem Sexshop. | |
1 | 2 | 3 | 4 | 5 |