Inhalt der Printausgabe
März 2003
Humorkritik
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Trommeln für Treichel |
Daß Hans-Ulrich Treichel für seinen neuen Roman "Der irdische Amor" (Suhrkamp) viel feines und breitgestreutes Lob einheimst, gönne ich ihm, bin ich doch ein erfreuter Treichel-Leser erster Stunde. Und habe just deswegen wieder mal was zu mäkeln. Und wie so oft die literaturbetriebliche Ungenauig- und deshalb Ungerechtigkeit zu beklagen. Kaum eine Sau nämlich wollte, frei nach Gernhardt, rühmen, als Treichel noch weitgehend unbekannt war - und m. E. besser als heute. So lustig und flott seine neue Geschichte eines wie in allen Treichel-Romanen von westfälischer Landsozialisation (als Sproß des dortigen "Kleinfleischhandels") rettungslos geprägten und hinfort nicht nur in Liebesdingen gänzlich täppisch "idiotische Versäumnisse" erleidenden Helden ist, so hübsch bernhardesk erzählt: Sie ist doch ein wenig kolportagehaft-glatt und burlesk, der schiere Spaß schenkelklopfend schadenfroh und der Humor unbedingt mehrheitsfähig harmlos unterhaltend. Der "frühe" Treichel dagegen, wie er sich in seinem Roman "Der Verlorene" offenbart und mehr noch in seinen Prosasammlungen "Von Leib und Seele" sowie "Heimatkunde": wie abgründig und mehrbödig, trefflich und treffend, wie gemein und genau, wie absurd und abgefeimt kam da seine Komik daher. Früher war eben alles besser, und ich bin halt nie zufrieden. Dabei müssen wir ja froh sein, einen wie Treichel zu haben. Weshalb das Feuilleton ruhig trommeln mag. |
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