Inhalt der Printausgabe

März 2003


Vom Fachmann für Kenner
(Seite 9 von 16)

Liebe ist keine Selbstverständlichkeit!
Nach zwanzig Jahren durchaus beispielloser Liebesehe beschlich mich eines Tages das Gefühl, irgend etwas sei nicht mehr ganz so wie früher.
Nahm ich meiner Frau Hand, sagte sie "Bitte laß das!"; hielt ich (zum Scherz) um ihre Hand an, sagte sie: "Das laß bitte!"; setzte ich mich ganz dicht neben sie auf die Wohnzimmercouch, sagte sie, ihr sei "irgendwie unwohl"; machte ich Anstalten, einen gemütlichen Fernsehabend mit ihr zu verbringen, ließ sie wissen, sie werde sich "heute wohl etwas früher" hinlegen; auch hatte sie längst kein Auge mehr für meine Wollpullis.
Einmal hatte ich wieder umsonst mit dem Abendbrot auf sie gewartet (Mischbrot, Wurstplatte plus Gurkensalat). Als sie endlich kam und sich sogleich mit den Worten "verdammt harter Arbeitstag heute" ins Bett verabschieden wollte, da packte ich sie fest am Arm, blickte ihr kalt ins Auge und sagte, daß ich morgen auf eine Dienstreise führe. Obwohl ich in meinem Leben noch nie auf Dienstreise und, nebenbei gesagt, auch schon jahrelang nicht mehr auf Arbeit gegangen war, sagte sie nur "is gut".
Wenigstens ihr Liebhaber war dann aber einigermaßen überrascht, als ich zwei Abende später plötzlich mitten im Schlafzimmer stand und rief: "Erwischt! Und zwar in flagranti! Aber alle beide!" Jener versteckte sich sofort unter der Bettdecke. Sie dagegen nahm in aller Gelassenheit ein Schminketui vom Nachttisch und meinte, ich hätte gar keinen Grund, hier so reinzuplatzen und rumzuschreien - betrachtete sich, die Brauen hochziehend, im Handspiegel und sagte gedehnt, ich könne ihr gar nichts nachweisen oder anhängen - zog einen Lippenstift hervor und fragte spitz, wie ich denn eigentlich den gestrigen Tag überbrückt hätte - bis das Luder schließlich, sich die Lippen rot nachziehend, die Ansicht äußerte, daß ich ja wohl ein "ganz übler Trickser und Einbrecher" bzw. streng- und alles in allem genommen eigentlich schon "genau wie Bush" sei. "Ja, bei Gott", sagte sie langsam und betrachtete mich kopfnickend, "exakt an diesen Typen erinnerst du mich." - - -
Von heute auf morgen, habe ich in dem Augenblick gedacht, ist dieser unser Ehedampfer wohl nicht wieder flott zu kriegen.

Claudio Gutteck


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt