Inhalt der Printausgabe
Juni 2003
Humorkritik
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Lachen für drei Euro |
Wenn ein Buch "Lustige Lyrik" heißt und zudem auch noch bei Reclam erschienen und mithin wohlfeil (3 Euro) ist, dann greife sogar ich bereitwillig zu. Und, da ich an dieser Stelle oft und nur zu begründet derartige Anthologien zu bemäkeln hatte, weil sie zumeist alles, was sich in den letzten Dezennien auf dem Gebiet der komischen Literatur getan hat, penetrant ignorieren, lobe ich zunächst das von Harry Fröhlich (!) kompilierte Bändchen, das eben diese Mängel nur bedingt aufweist. Man muß ja schon froh sein, wenn Herausgeber mittlerweile Gernhardt, Bernstein oder Ror Wolf kennen, Fröhlich berücksichtigt darüber hinaus aber am Rande sogar mit Fritz Eckenga, Beat Zwicky und Jan Kaiser immerhin drei jüngere Autoren, deren Gedichte teils zu den gelungensten des Büchleins zählen. Allein: "zum Kichern, Gackern, Prusten und Kringeln" (Klappentextwerbung) reichte es bei mir dennoch nicht recht. Denn erstens: Obwohl der Hg. eingangs seines Nachworts die unsinnige These aufstellt: "Die Komik ist eine Erfindung des 20. Jahrhunderts", nimmt er zu viele dröge Beispiele vorhergehender Epochen auf. Zudem frönt er zwotens ein wenig zu sehr seinem Faible für unfreiwilligen Humor (der ja fürwahr nicht der unlustigste ist), doch die Komik der Produkte aus den Schnarchfedern bekannt witzresistenter Verseschmiede wie G. A. Bürger, R. M. Rilke oder R. A. Schröder ist derart unfreiwillig, daß man sie gar nicht wahrnimmt und nur durch Fröhlichs Nachwort halbwegs verstehen kann, warum sie im Umfeld "lustiger Lyrik" plaziert wurden. Geschenkt. Doch auch die argumentativ engagierteste editorische Lach-Nachhilfe will das Gähnen nicht wegkitzeln und durch Kichern, gar Gackern ersetzen angesichts des Hardcore-Humors von Extrem-Spaßvögen wie H. M. Enzensberger, J. Krüss oder L. Harig. Oder gar E. Fried: "Tschill tschill mein möhliges Krieb / Draußen schnirrt höhliges Stieb." Aber drei Euro sind ja nicht viel Geld. |
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