Inhalt der Printausgabe

Juli 2003


Möllemann - Tod aus "heiterem" Himmel?
Eine Fallstudie von Oliver Maria Schmitt

Mord war es, eindeutig Mord. Ein kaltblütiger, perfider, feiger und bestialischer Mord. Aber wer steckt dahinter? Wer sind die Täter? Und vor allem: Wer ist das Opfer? Jürgen W. Möllemann sicher nicht, denn der beliebte Politiker aus Mölle/Westf. hatte zwar viele Freunde, aber deswegen noch lange keine Feinde. Außer vielleicht Guido Westerwelle, Wolfgang Gerhard, Ottograf Lambsdorff, Walter Scheel, Walter Momper, Walter Jens, Schmidt/Brandt/Wehner und der linke Flügel der "SPD", Angela Merkel und die CDU-Fraktion im Berliner Reichstag, Wolfgang Thierse, Inge Jens, große Teile der PDS, der Grünen und des rechten Flügels der "SPD" und weitere Parteien, Verbände, Institutionen und NGOs. Nur einer kann bislang mit Sicherheit ausgeschlossen werden: Der große liberale Vordenker aus Kronberg im Taunus, Wolfgang Mischnick, der sich durch sein sogar für ihn selbst überraschendes Ableben am 5. Oktober 2002 bereits im Vorfeld den Ermittlungen entzog. Alle anderen aber stehen unter Anfangsverdacht. Denn sie neideten dem ca. Sechzigjährigen nicht nur seine politischen Visionen, sondern auch sein daraus resultierendes Einkommen und seinen gepflegten Schnauzbart, der dem Vollblutpolitiker die für ihn so typischen möllemannhaften Gesichtszüge verlieh.

 

Der Mord, davon kann man sicher ausgehen, wurde von einem Mann verübt. Männer pflasterten schon immer die politische Laufbahn des Moralisten Möllemann: Genschman, Hausmann, Bangemann, sie alle sind mindestens so verdächtig wie Michel Friedman. Sie alle hätten nämlich ein klares Motiv gehabt. Genschman, weil er endlich Ruhe vor seinem Ziehsohn Möllemann haben wollte, Ex-Minister Helmut Hausmann kommt in Frage, weil er so unverdächtig wirkt, und Martin Bangemann, weil er so dick ist. Friedman jedoch, weil er Jude ist und auch sonst gerne verdächtigt wird, zumindest von der Staatsanwaltschaft Berlin.
Nicht genug damit, daß der Ölprinz aus Frankfurt zuvor schon unverhohlen seinen Mossad auf den verhaßten Guido Westerwelle hetzte, nun hat er den israelischen Geheimdienst auch noch 4000 Meter über Marl tätig werden lassen. Aber sind wir denn schon wieder so weit, daß die Juden jeden im Lande vernichten dürfen, der sich mit friedlichen Mitteln ihrer Weltverschwörung widersetzt? Die Juden wollten Möllemann ja sogar verbieten, antisemitisch zu sein, was einen gefährlichen Eingriff in die Lebensqualität eines jeden Demokraten darstellt.
Möllemann, so heißt es, soll die Landebahn des Kleinflughafens Marl völlig zerquetscht erreicht haben. Das ließe nun wieder auf eine Beteiligung Bangemanns schließen. War es also der stark übergewichtige Europapolitiker, der Möllemann im Auftrag des Mossad in das kleine Sportflugzeug quetschte, ihm in viel zu hoher Höhe den Freistoß verpaßte und sofort hinterhersprang, um Möllemann, der ja bislang 807 Absprünge sicher überlebt hatte, beim Aufprall als Kissen zu verwenden und plattzumachen? Dafür spräche auch, daß alles wie ein Unfall aussah; außerdem wurden auf Möllemann keinerlei Fingerabdrücke gefunden, nicht mal seine eigenen waren noch zu erkennen.
Manche werden es bedauern, daß gegen das Mordopfer nun nicht mehr wegen Betrugs, Untreue, Steuerhinterziehung und Verstoßes gegen das Parteiengesetz ermittelt werden kann. Andererseits können die Herren Ermittler jetzt mal zeigen, was sie sonst so drauf haben.
In der Regel werden nur 96 Prozent aller Ausüber von Kapitalverbrechen gefaßt (Quelle: Heribert Prantl, Süddeutsche Zeitung), außerhalb der Regel sogar noch weniger. Auch die Mörder von Andreas Baader, Lady Di und Uwe Barschel wurden nie erwischt, laufen bis heute frei rum, tanzen, lachen, feiern, verhöhnen den Rechtsstaat. Deutschland - quohin vadis? Sind wir auf unseren Straßen überhaupt noch sicher? Wenn man im Auto bleibt, vielleicht schon. Wenn man von oben ohne Fallschirm kommt, sicher nicht.

 


Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg