Inhalt der Printausgabe
Januar 2003
Revolution! Umsturz-Impressionen aus einem verzweifelten Land (Seite 8 von 14) |
Berlin Vom Balkon aus sah der Fackelzug aus wie ein Sankt-Martins-Umzug, nur daß die Kolonnen aus BDI-Funktionären, FAZ-Lesern und RCDS-Studenten natürlich viel besser organisiert und teurer gekleidet waren. Eine stille Freude angesichts so viel dynamischen Deutschlands mischte sich mit der Verwunderung darüber, daß ausgerechnet er das alles angezettelt haben sollte. Dabei hatte er doch nicht mehr getan, als den üblichen Feuilletonsermon über Reformstau, Tabublockade und Mehltau, der irgendwie auf dem Land oder wo liegt, um einen im Prinzip auch gar nicht richtig ernst-gemeinten Aufruf zum Barrikadenbauen oder -stürmen oder was zu erweitern. So was schrieben ja schließlich alle, und nie war dabei irgendwas passiert. Er war doch nur ein alter Rechtsabbieger oder -träger oder wie, ihn konnte man doch gar nicht richtig für voll nehmen. Und dann das: Sprechchöre vor seinem Fenster feierten ihn als Präzeptor des neuen Staates, in dem Schluß sein würde mit Parteiengewurschtel, Mehrheitsprinzip und Subventionswahnsinn; aber er war doch praktisch schon in Pension, und wie das außerdem klang: Heil Baring! Das sollte mal lieber der Schirrmacher machen oder wer, der war jung, er für seinen Teil mußte jetzt erst einmal einen Artikel fertigschreiben: "Zurück zur Zivilgesellschaft oder wohin", die von der Süddeutschen drängelten schon. Das mit der Pressefreiheit, das würde er auf jeden Fall noch einmal überdenken müssen. |
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