Inhalt der Printausgabe
Februar 2003
Humorkritik
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Hollandse Humor |
Daß Holländer Humor haben, wird von unseren Nachbarn selbst kaum je bezweifelt; wohl aber von uns Deutschen, wenn wir uns vergegenwärtigen, was manchmal so aus dem Käse- und Tulpenland unter dem Etikett "komisch" nach Deutschland verklappt wird. Für die Niederländer hingegen steht fest: Wir haben Humor, auf jeden Fall mehr als die Deutschen, am liebsten aber machen wir Witze über die Belgier. Während die Belgier indes schon seit Jahren eine eigene Satirezeitschrift pflegen (Humo), waren die Niederlande die letzten fünfzig Jahre eine humorzeitschriftenfreie Zone. Das ist nun endlich anders geworden: Seit September 2002 gibt es PIM - die einzige und damit größte satirische Zeitschrift der Niederlande. PIM steht für Politiek Incorrect Magazine, aber natürlich will das Akronym doppelsinnig verstanden werden. PIM wie Pim Fortuyn, der Name des im Frühjahr 2002 ermordeten Politikers. Die Macher von PIM sind fest entschlossen, das provokative Potential ihres Namensvetters bis ins letzte auszubeuten. Die Titelseite der ersten Ausgabe ziert ein (gefälschtes) Drohfax an die Redaktion, etliche der Karikaturen widmen sich Pim Fortuyn, und der längste Beitrag des Heftes ist ein Pamphlet des Polemikers Theo Van Gogh gegen das politische Establishment und dessen Umgang mit - genau - Pim Fortuyn. Auf Dauer wird man mehr als die Reizfigur brauchen, um das Heft zu füllen. Die erste Ausgabe ist achtzig Seiten stark, auf Zeitungspapier vierfarbig gedruckt. Viele Karikaturen und Cartoons finden sich, aber auch überraschend lange Textbeiträge. Es gibt einige Rubriken im Blatt - das "Interview mit mir selbst", "Der Flötenschlumpf packt aus", "Kochen mit der Regierungssprecherin", ein "PIM-up" in der Mitte des Heftes -, die sich zu einem tragfähigen Gerüst entwickeln, aber durchaus noch mehr Witz vertragen könnten. Zur Zeit wird die Monatszeitschrift in Feierabendarbeit von der Redaktion hergestellt, die meisten Zuarbeiter verzichten bislang auf ein Honorar, die Druckerei arbeitet zu Sonderkonditionen. Trotz dieses vertraut klingenden Geschäftsmodells heißt der Verleger von PIM nicht Erik Weihönig, sondern Hans van Brussel. In den Vorberichten zu PIM war unter anderem eine Rubrik erwähnt, in der ein Mensch ohne Führerschein Autos testen sollte. Das ist eine hübsche Idee - schade nur, daß sie nicht in der ersten Ausgabe realisiert wurde. In der Redaktion von PIM arbeiten Marck Burema, Carel Helder und ein Graphiker. Carel Helder ist ein Dichter, der auch fürs Fernsehen schreibt und schon einige Erfahrung mit idealistischen Projekten hat: Er organisiert Lesungen und Events wie den "Ball der abgelehnten Bücher". Das macht Marck Burema auch, außerdem schreibt er noch für die Zeitschrift des TV-Senders VARA. Die beiden lernten sich bei der Amsterdamer Studentenzeitung "Propria Cures" kennen, von der sie auch einen Teil der Autoren mitbrachten, und bekunden Sympathie für das englische Private Eye und die französische Canard Enchainé. Die TITANIC würden sie gern kennenlernen - was auf einen begrenzten Recherchetrieb schließen läßt. Daß sie regelmäßig in die amerikanische Onion hineinschauen, merkt man ihrem Heft an. Trotzdem haben die beiden das Blatt kaum an Vorbildern ausgerichtet. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis die beiden ihre Arbeit zu einem Fulltimejob machen können. Aber die Zeichen dafür, daß PIM - im Gegensatz zu seinem Namenspaten - überlebt, stehen nicht schlecht. |
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