Inhalt der Printausgabe

August 2003


Der Dalei Lama bei TITANIC
Baumhoher Besuch
(Seite 4 von 5)

Das Massaker
Der Buddha gab sich baff. "Warum sollte ich Katzenbabies töten? Wir alle haben nur hundert Leben. Daher sollten wir Geschöpfe nur töten, wenn es unvermeidlich ist. So zerquetscht ein Wanderer mit jedem Schritt gewißlich allerlei, das er nicht sehen kann - Milben, Flöhe, Läuse bis hin zu Marienkäfern. Etwa ab Grashüpfer wird's justitiabel. Im Alter von sieben Jahren sah übrigens Buddha, wie seine Schwestern Kirschen von einem Baum pflückten. Später kam heraus: Es waren gar nicht seine Schwestern, sondern sein Stiefohm, und auch kein Baum, sondern Erdbeeren. Wieviele Miezis sind's denn, wenn ich fragen darf?"
Versonnen öffnete die beste "aller" Sekretärinnen die Rollschublade mit dem Aufkleber Dringender Postausgang und begann zu zählen. "Sieben", bilanzierte sie verliebt. "Ich hab sie aus dem Tierheim." Achtsam rollte sie eine zweite Lade aus, öffnete den Ordner Ausstehende Autorenhonorare, entnahm ihm ein Milchfläschchen und begann mit der Fütterung. "Sie brauchen viel Milch und wenig Kakao", dozierte die Vernarrte und wischte sich mit einer Katze sanft zwei Rührungstränchen ab. "Das ist die älteste des Wurfs; und die klügste. Komm, Mauzi, sag dem Dalai, wieviel einmal eins ist."
"Miau…"
"Braves Kind. - Noch Tee, die Medienprofis?"
"Nein, auf!" befahl nun Sonneborn. "Auf auf zum Hausrundgang! Die Redakteure an die Plätze! Unser Besuch ist bestimmt neugierig darauf zu erfahren, wie Pointen entstehen."
"Sehr", pflichtete der Gast ihm bei. "Pointen sind das Salz in der Kraftbrühe des Uneigentlichen, und Neugierde ist ein positiver Affekt. Gierig auf Neues zu sein macht uns weltoffen, und wenn auch Gier im allgemeinen nicht glücklich macht, sollten wir die Neugierde doch keinesfalls verdammen - im Gegensatz übrigens zur Gelbsucht, die zu den negativen Infektionen zählt. Aber auch wer alles kaputtmacht, fügt anderen Leid zu, und Leid ist das Gegenteil von Glück, so wie rund das Gegenteil von eckig ist und eine Fülle göttlicher Wahrheiten halt kein Kurzkrimi. Huch, sorry." Zu rasch hatte sich der Vortragende erhoben und die Eilert einfach fallenlassen.
"Gute Witze", sprach er dann Sekunden später, als ihm Sonneborn im gemeinhin darken Chefroom siebenhundert Titelblätter zeigte, "bringen uns zum Lachen, und je besser der Brüller, desto mehr. Der Fußball-WM-Hammer ist vom Zippert, gell? Als aber Buddha zwölf war, sah er auf einer Wiese ein Häslein sitzen. Dem Häslein war ein Fuß gebrochen, doch als Buddha sich näherte, um es aufzunehmen und daheim gesundzupflegen, hoppelte es wie der Wind von dannen. Moral: Der Fuß war gar nicht gebrochen gewesen, der Erlöser hatte sich erneut vertan gehabt, hahaha!"
"Echt?" Dem sensiblen Rürup ging die Anekdote an die Nieren. "Und wer half dem Hasen dann?" "Nun, es war halt gar kein Hase", zwinkerte der Dunkle und wollte eine Hand auf Rürups Schulter legen, kam jedoch kaum bis zur Hüfte dieses Hochgeschossenen. Gepokert wurde unterdes im Zimmer Tietze. Scharf stand der Rauch um ihn und Gärtner/Nagel, Zigarren trugen tief Hüte, und eine Walter 47, geladen oder nicht, schmückte die Tastatur. "Viel Spaß weiterhin, die Herren", grüßte die alerte Nach-, pardon: Wiedergeburt und gab dem Trio gleich auch einen heißen Tip: "Beim Pokern kommt es weniger auf die Karten an als darauf, wie man pokert! Es kann jemand gewinnen, der zwei Achten hat, wenn er nur die anderen glauben läßt, er habe vier Kreuz-Asse. So lief Buddha einmal gegen ein Auto, bemerkte es aber nicht. Erst im nächsten Frühling tat ihm alles weh. Befund: Totalschaden…"
"Willkommen im Zentrum der Macht, Hoheit", flötete dann bald Tom Hintner, als die Eso-Kutte in den hellen, grotesk überdimensionierten Zeichner- und Layouterraum einflog und sich vorm Mac plazierte. Diktator Hintner kam allen Fragen zuvor: "Layout ist englisch für auslegen. Zwei Euro täglich beispielsweise drückt der Gsella ins Layout-Sparschwein, auf daß seine Riemen ins Blatt kommen." Petzte der absurde Kurzhals und reichte dem Chinesenhasser ein frisch Gezapftes.

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/innen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg