Inhalt der Printausgabe
August 2003
Der Dalei Lama bei TITANIC Baumhoher Besuch (Seite 3 von 5) |
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"Drehen", nahm der Überweltliche den Faden auf, "drehen kann der Wind von Ost nach West, von Süd nach Nord; kann sich der Plattenteller, sofern man ein Kabel in die Steckdose tut; tut sich das Rad der Geschichte, immerfort und immerzu; werde ich eine Runde durchs Bahnhofsviertel, sobald die Schecks der Bild-Zeitung eingetrudelt sind; und natürlich kann ich einhändig, dumme Frage, gib her." Wahrlich: In Sekundenschnelle war das Hascherl rund und Sonneborn endlich fündig geworden. Der legendäre Chefredaktor stand auf, fixierte aus Versehen den Layout-Tyrannen Tom Hintner und hub an: "Sehr geehrter Pensionär X, ich als ehemaliger Direktor des XY-Gymnasiums heiße Sie herzlich willkommen zum Treffen des Lehrkörpers 1956-58 (aktualisieren!). Bitte nehmen Sie Platz! Ich hoffe, Sie alle hatten einen guten Flug / eine angenehme Bahnfahrt / standen nicht im Stau. Aber nun - die Party / das Büffet ist eröffnet!" "Begrüßungen", dankte der Buddha, "haben in unsrer Welt der Oberflächlichkeit und Hektik kaum mehr Platz und sind doch wichtiger denn je. Kolportiert wird vom Propheten Buddha, er sei im Alter von vier Jahren an Masern erkrankt, doch dank seiner Konstitution habe er schon nach drei Tagen wieder Fangen und Verstecken spielen können; Schaukeln, Federball und Rutschen schon nach zwei! Sie schreiben doch mit, Fräulein?" Blinzelnd reichte er der Glockenhell Stenoblock und Filzstift. "Geht's auch leiser?" hauchte die graduell erwachte Eilert, fand aber eine neue weiche Stelle auf Dalais Brust und schlief gleich wieder ein. Eifersüchtig luchste das kommende Satire-Traumpaar Gärtner/Nagel. Seinerseits mit Adleraugen fing der Dalai Lama den Blick auf. "Eifersucht", spach er, "so verständlich sie sein mag, ist ein negatives, ein schädliches Gefühl. Der Eifersüchtige will etwas, das einem anderen gehört, das ist doch schon rein logisch Schifferscheiße. Alles Lebende hat seinen Platz, sein Recht, seine Möglichkeiten, aber man kann nicht alles haben, tscha, hey, reich mir mal den Duden, Brille." | ||
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Das ließ sich Alterspräsident Gsella ungern zweimal pfeifen: "Zu Diensten, Gottkönig." Ein lauter Knall fand statt; der auf dem Konferenztisch seit Minuten schläfrig krabbelnde Marienkäfer hauchte seine Seele aus, flog ins Nirwana. "Wenn ich was nicht leiden kann, dann sind das Insektenartige", knurrte der seidenmilde Peace-Keeper und schlug zu, viermal, zehnmal, bis rein nichts mehr übrig war, dann miaute es. Von nicht sehr fernher, leise, aber allzu deutlich, erscholl das Leben eines kleinen, jüngst geborenen Kätzleins. "Na? Was war das denn?" brummte seltsam streng, ja drohend der Erleuchtete. "D-das war bestimmt äh… draußen…", stammelte Staniewski, die ihre Katzen seit Jahr und Tag im prunkhaft überlangen Sekretärinnenschreibtisch fütterte und aufzog. "Wie geht es Tibet, Master? Immer noch unterdrückt? Okay, Sie haben meine Soli. Aber wenn Sie meinen Kleinen nur ein Härchen krümmen, landen Sie bei Milosevic." | ||
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