Inhalt der Printausgabe

April 2003


Türken rein?
Ja Nein Extrem egal
(Seite 10 von 14)

Herr Düll
"Die EU ist nicht das Wahre vom Ei!"
Düll …tja! Ich wollte auch nicht in die EU eintreten.
TITANIC (überrascht) Wie belieben?
Düll (vorwurfsvoll) Na, wir wurden doch alle überrumpelt damals. Ob die Türken da noch mit reinsollen, ich weiß es nicht.
TITANIC Wie überrumpelt? Wann sind Sie denn eingetreten, haben Sie irgendwas unterschrieben?
Düll (abweisend) Hörn Sie mal, ich bin hier mitten am Renovieren, ich hab keine Zeit…
TITANIC Es dauert nicht lange, ich hab auch nur zwei Minuten für jeden.
Düll Na, dann fragen Sie mal. Also, ja-woll, die Türken rein, das ist mir völlig wurscht!
TITANIC Das kann ich so hier nicht eintragen.
Düll Dann bin ich dagegen!
TITANIC Aus welchem Grund?
Düll (emotional) Weil ich gegen die was habe. Das ist genauso wie mit den Polen. Genau dasselbe. Ich bin zwar kein, kein, na, wie sagt man denn, kein Antifaschist oder wie das da heißt, aber ich hab gegen die Leute was. Wissen Sie, wir wohnen hier in einer Grenzstadt, halb Polen, halb deutsch. Da kriegt man automatisch so eine negative Einstellung.
TITANIC Negativ der EU gegenüber?
Düll (aggressiv) Na, wenn Polen auch noch drin ist, dann können wir hier alles annageln und festschrauben…
TITANIC Gute Güte, ich kenne das nur aus den Polenwitzen von Harald Schmidt!
Düll Nee, wenn Sie hier in einer Grenzstadt wohnen, das ist enorm, was hier geklaut wird, was hier zerstört wird! Jede Nacht sind Polen unterwegs und klauen die Autoradios und schrauben die Spiegel ab und die Mercedes-Sterne und, und, und, und… Das wird noch schlimmer, wenn die Polen auch noch in der EU sind. Jetzt haben wir wenigstens noch 'ne Grenze. Aber dann ist doch alles weg!
TITANIC Sie meinen, daß die Türken dann auch noch rüberkommen?
Düll Na, sicher!
TITANIC Also die kommen nachts rüber und klauen die Sachen, und Sie fahren zum Ausgleich tagsüber rüber zum Tanken und Einkaufen?
Düll (entschieden) Nein. So wahr, wie ich hier stehe. Ich kaufe alles in Deutschland. Weil ich hier die Wirtschaft unterstützen will und nicht in Polen zum Friseur gehe. Oder zum Fleischer.
TITANIC (enttäuscht) Sie fahren nicht mal rüber und kaufen Ihr Autoradio zurück?
Düll Nein. Meins haben sie noch nicht geklaut, Gott sei Dank!
TITANIC Letzte Frage. Wie sehen Sie persönlich Ihre EU-Mitgliedschaft?
Düll (skeptisch) Ich würd mal sagen, die EU, das ist nicht das Wahre vom Ei! Lieber so bei sich bleiben und in seinem eigenen Land alles schaffen, als für die ganze Welt.
TITANIC Wären Sie dafür, daß andere Länder ausgeschlossen werden? Spanien z.B.? Sollte man über eine Verkleinerung auf ein äh… westliches Kerngebiet einmal nachdenken?
Düll Könnte man mal drüber nachdenken. Es müßte sowieso mehr gefordert werden, nicht zugeschossen, sondern gefordert! Das ist genau das gleiche mit der Hungerhilfe. Den Leuten ist überhaupt nicht geholfen, wenn den Leuten da immer was hingeschafft wird. Es müßte aufgebaut werden, daß die selbst interessiert sind und selbst sich ernähren.
TITANIC (vorsichtig) Gut, also ein Kern-Europa, das zwar Länder wie Spanien und Griechenland und noch ein halbes, das ich jetzt nicht nennen will, dabeihat, aber von denen Geld bekäme, das würden Sie schon unterstützen?
Düll Ja, auf jeden Fall! Das ist ja manchmal wie 'ne melkende Kuh hier…
TITANIC Haben Sie denn schon mal dran gedacht, wieder auszutreten?
Düll Nee, dafür interessiere ich mich nicht.
TITANIC Und wenn es eine Bürgerinitiative gäbe, die fünf neuen Bundesländer wieder freizusetzen, wären Sie dafür oder dagegen?
Düll Na, ich würde denken… Nee, da wär ich eigentlich dagegen. Weil wir ja einen schönen Fortschritt erzielt haben, und das wär ja ein Rückschritt dann für uns.

Mag sein, aber andererseits wäre es doch für den Westen ein schöner Fortschritt. Wir sind auf der richtigen Spur.

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt