Inhalt der Printausgabe
April 2003
Humorkritik
(Seite 7 von 8)
Kein Witz für Leser |
Weil in Helmut Kraussers Tagebüchern immer viele lustige Sachen stehen (s. TITANIC 2/2002), habe ich auch sein aktuelles ("Februar", Belleville Verlag) gelesen - und bin nicht enttäuscht worden. Diesmal findet sich sogar ein mehr oder weniger dezidierter Witz darin: "Ein Highlight des Tages: Sahen, unweit der Katze, einen toten Igel. Ich rief: ›Look down, an Igel!!‹ und Bea brach vor Lachen fast zusammen. Der Witz funktioniert aber nur für Leute, die die englische Lachswerbung kennen, mit dem boxenden Bären, dem der Lachsfänger zwischen die Beine tritt. (›Look up, an Eagle!‹) Merkwürdig, daß ich Hemmungen habe, so was aufzuschreiben. Ich werde in fünfzig Jahren noch wissen, warum das lustig war - und die Tagebücher sollten doch vor allem für mich selbst geschrieben sein." Mithin auch der Witz, denn weil natürlich hierzulande kein Aas die englische Lachswerbung kennt (außer Krausser freilich, der aber auch einfach alles kennt und weiß), ist der Witz logischerweise nicht für die gemeine Tagebuchleserschaft geschrieben. Für die bestimmt ist hingegen der Metatext, der ihr verklickert, daß sie nämlich keine Ahnung hat, nicht so viel wie Krausser jedenfalls, und folglich noch bewundernder zu ihm aufschauen muß (Look up, a Krausser!), als sie's eh schon tut (oder tun sollte). Dann hat nämlich Krausser hemmungslos was zu lachen: 1. über seinen klasse Witz, 2. über die bescheuerten Leser und 3. darüber, wie fein er das wieder eingefädelt hat. Aber auch ich habe viel gelacht. Zum Beispiel über Stellen wie die auf Seite 11: "Gesundheitlich ließ der Dezember zu wünschen übrig, wieder sieben Wochen krank." Da noch mal nachrechnen! (Oder ist dieses Highlight des Tages auch wieder ein Helmut-Bea-Insider-Zusammenbrech-Witz, der für Normalleser nicht funktioniert?) Ich werde in 50 Jahren noch wissen, warum das alles evtl. zu wünschen übrig läßt… |
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