Inhalt der Printausgabe
April 2003
Humorkritik
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Atze Schröder |
Ist Atze Schröder der Wolfgang Petry der deutschen Comedy? Der ehrliche Witzarbeiter im Scherzbergwerk? Der Stammtischbruder von nebenan? Für ein Publikum, das nicht unbedingt das seine ist, mithin ungenießbar? Das waren die Fragen, die ich mir vor dem Besuch eines seiner Gastspiele hätte stellen sollen. Doch zuvor schon war Schröder als Moderator des Deutschen Comedy Awards insofern auffällig geworden, als er sich dieser schwierigen Aufgabe mit Bravour und nicht ohne eine gewisse Grandezza entledigt hatte. Und auch der Titel seines laufenden Programms, "Meisterwerke", ließ auf eine gewisse Ironiefähigkeit schließen. Nun, Schröders Mittel sind freilich beschränkt: Der einfache Witz, der gelungene Vergleich, die idiomatisch klingende Wendung; keine Reime, Rollen nur angedeutet, sparsame Bewegungskomik, ein paar hübsch eingesetzte running gags und, immerhin, einige Nachbrenner, die sein Publikum erst belacht, wenn bereits die nächste Pointe in Arbeit ist. Denn Schröder ist schnell; und klug genug zu wissen, daß ein Zuschauer, der sich permanent unterfordert fühlt, gefährlicher ist als einer, der bisweilen denkt: "Mensch, dieser Schröder ist mir doch manchmal einen Schritt voraus." Den hellsten Eindruck macht das Publikum vor Beginn der Show nicht: Betriebsfeststimmung will aufkommen. Doch die legt sich schnell, denn Schröder - und etwas Überraschendes sollte jeder Auftritt ebenso haben wie die dazugehörige Kritik - Schröder erstickt diese Stimmung im Keim. Er will sich offenbar nicht verbrüdern mit seinen Zuschauern. Und dementsprechend siedelt er seinen "Atze" nicht zu tief unten an. Zwar läßt er ihn die üblichen Vorurteile kleiner Leute gegen feine Leute in feinen Restaurants und feinen Hotels witzig bestätigen, andererseits erhebt er sie über das wirkliche Elend des schlechten Geschmacks, wenn er über Autos mit "Fantasialand"-Aufklebern, "Pur"- Musikbeschallung und die Besucher von Oldie-Discos räsonniert. Nicht ungefährlich, wenn man sich das Publikum anschaut, aber wirksam: Denn indem er das Niveau seiner Kunstfigur hebt, macht er sie als Kunstfigur erst kenntlich und schließt etwaige Einladungen zu Aftershow-Besäufnissen elegant aus. Die Leute gehen nach den Zugaben rasch, kaum jemand wartet auf Autogramme, sie haben Atze gesehen, aber irgendwie war Atze doch weiter weg, als sie dachten. Bei Meisterwerken ist er noch nicht angekommen; aber der Weg, den Schröder eingeschlagen hat, könnte dorthin führen. |
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