Inhalt der Printausgabe

Mai 2002


Humorkritik
(Seite 7 von 8)

Sollmandalachen?

Kommt ein Sehgeschädigter mitsamt seiner Frührente ins erste Fischgeschäft am Platze, tritt tastend vor das größte Aquarium, da wo (Hölderlin) die dicken Bartgrundelbrummer kreuzen, und sagt in forschem Ton: "Tach, Mädels!" Zufällig tragen auch die zwei Fischverkäuferinnen je einen Damenbart über den Oberlippen sowie rosa Plastikhandschuhe an den Händen. Beide Bartdämchen müssen kichern, als sie sehen, daß der Mann tatsächlich zwei Hornbrillen mit sehr dicken Gläsern trägt. Als der Mann sagt: "Rollen Sie mir mal Ihre besten Lakritzschnecken aus!", erkennen die Fischfräuleins, daß er ursprünglich in den Süßwarenladen um die Ecke wollte, beenden ihre Unschamhaftigkeit und weisen ihm den Weg.
Eventuell ist das gar kein Witz. Ich muß aber dennoch lachen, zumindest ein klein wenig. Vielleicht über das Wort "Sehgeschädigter" in Kombination mit "Frührente"? Ein merkwürdiger Vorgang!
Merkwürdig war wohl auch, sonderbare Überleitung, der "alte Kameralverwalter" Fetzer, der dem alten Justinus Kerner, wie sein Sohn Theobald in dem überaus lesenswerten Büchlein "Das Kernerhaus und seine Gäste" beschreibt, mit den Jahren, die der Spiriguck in Weinsberg wohnte, ein unentbehrliches Original geworden war. Denn Fetzer "sprach unerhört langsam und war von einer unzerstörbaren Prosa". Der olle Justinus war "a reachter Träumlesschwob", wie der Schwabe sagt, wie Harald Schmidt sagt. Er ließ den Mann an den langen Winterabenden oft kommen, um seinen Erzählungen zu lauschen. D. h. vielmehr nicht zu lauschen, weil er nämlich währenddessen aufs herrlichste schlief und Fetzer so gut war, immer weiter zu sprechen. Kerner junior: "Seine meisten Erzählungen, und er wußte viele aus seinem Leben, fing er mit den Worten an: Ich muß lachen, so oft ich daran denke, lachte aber dabei nie und blieb stets ernsthaft." Ich weiß nicht, wie es zugeht, aber so oft ich an diesen Kameralverwalter Fetzer denke, muß ich ein bißchen lachen, bleibe dabei aber stets ernsthaft.


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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt