Inhalt der Printausgabe
Februar 2002
Humorkritik
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Eine neue Waschmaschine |
Ohne Frage ungewöhnlich und irritierend, pointiert und von hübsch groteskem Humor war die Kurzprosa des Wladimir Kaminerschen Debütbandes "Russendisko", wenn auch - wie meist in solchen Fällen - die Stilisierung zum (jaja freilich:) "Kultautor" gänzlich überzogen, ob der o.g. Qualitäten aber hinnehmbar war. Nicht mehr tolerierbar hingegen ist das Ergebnis der Publikationsflut, mit der Kaminer offensichtlich Ruhm und Rubel am Rollen zu halten gedenkt. "Militärmusik": nun ja, unterhaltsame Schnurren (um nicht das vernichtende Verdikt "ganz nett" anzuwenden); "Schönhauser Allee" (alles bei Goldmann) alsdann - da muß ich nun doch einschreiten. Denn von der mitunter anarchischen Komik, die durchaus subversive - meinethalben kafkaeske - Qualitäten hatte, ist allenfalls Kishon-kompatibles Parlando geblieben, surfpoetenhaftes Abbilden dröger Alltagsbanalitäten, jeglichen Witzes, überraschungsmoments und eigenen Tonfalls bar: "Als der Winter richtig losging und die CDU-Spendenaffäre eskalierte, veränderte sich auch das Leben in unserem Haus rasant. Der alte Junggeselle Hans legte sich eine gelbe Krawatte zu, wechselte die Sommerreifen an seinem Polo aus und ging auf Reisen. Die Vietnamesen trugen zu acht eine neue Waschmaschine in ihre Wohnung, und die Sportsfrau rutschte beim Joggen auf dem Glatteis aus, wobei sie sich zwei Rippen brach." Von so "umwerfendem Charme und höchster Komik" (Verlagswerbung) ist das ganze Buch: Jetzt schreibt auch Kaminer so wie Ahne und Spider und Dr. Seltsam und Konsorten. Und ist damit endgültig im Westen angekommen, wo es - zumindest im Berliner Salbader-Bermudadreieck, zwischen Kaffee Burger und Kalkscheune, wieder mal nix Neues gibt. |
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