Inhalt der Printausgabe

Februar 2002


TITANIC-Telefon-Terror

Mark - stark, Euro - teuro!

(Seite 4 von 10)

Herr Walter
"Letztendlich ist alles teurer!"


TITANIC ...Zentralbank in Frankfurt am Main.
Walter (staunend) Oooooh! Was soll denn das alles?
TITANIC Das ist mein Name und meine Funktion. Ich möchte nur fragen, wie Sie mit unserem neuen Geld klarkommen.
Walter Also ich bin wunderbar zufrieden, ich hab nämlich noch keinen in der Hand gehabt. Ich hab zwar zwei Euros gesehen, aber das war's dann auch.
TITANIC Die Frage nach dem optischen Gesamteindruck...
Walter (unterbricht) Sieht gut aus!
TITANIC Fein. Wir haben das ja auch so ein bißchen farbenprächtig gestaltet, um Sie im Osten etwas aufzumuntern.
Walter (leicht verbittert) Aber das nutzt doch nichts, wenn keine Arbeitsplätze da sind. Gerade jetzt im Aufbau Ost, was ist denn da passiert, gar nichts!
TITANIC Also wenn man mal durchfährt durch Ostdeutschland, ich war persönlich schon einmal dort, dann sind doch die Straßen viel besser als früher, und viele unserer Westautos sind da zu sehen...
Walter Aber keine Arbeitsplätze. Ich meine Straßenbau, da kommt irgendeine Firma, ausm Westen, die baut das fertig, und dann geht sie wieder. Kucken Sie mal, wieviel Zeit seit der Wende ins Land gegangen ist! Was kann man in 12 Jahren sonst machen, da können Sie ganze Straßen aufreißen und neue bauen, reißen sie wieder ab, und das immer wieder!
TITANIC Natürlich können wir die Probleme, die Sie in 40 Jahren da drüben angehäuft haben, nicht auf einen Schlag lösen...
Walter (undankbar) Vorher hatten wir aber nicht so viele Probleme! Jetzt haben wir Arbeitslosigkeit, und das ist das Problem!
TITANIC Aber Arbeitslosigkeit in schöneren Häusern an schöneren Straßen mit schöneren Autos. Und Herr Bundeskanzler Schröder hat gerade gesagt...
Walter (unterbricht) Ob der was sagt oder in China fällt ein Eimer mit Wasser um...
TITANIC Was Erich Honecker gesagt hat, hat Sie wohl mehr interessiert!
Walter Das interessiert schon, aber wie das umgesetzt wird! Er hat so vieles schon gesagt! Letztendlich ist alles für uns teurer geworden, unerreichbar geworden.
TITANIC Aber das Geld sieht besser aus!
Walter Ich merk schon, das lohnt sich nicht. Stellen Sie mal Ihre Fragen weiter!
TITANIC Sie als Euro-Kritiker: Planen Sie, in Krone oder Zloty zu flüchten?
Walter (nachdenklich) Nee, gar nicht!
TITANIC Werden Sie den Euro eher ausgeben oder eher sparen?
Walter Also ich werde meine Verhaltensmaße jetzt nicht ändern, also eigentlich normal. Ich spare ihn nicht und geb ihn aus, ich spar ihn und geb ihn nicht aus.
TITANIC Haben Sie eine Anregung an den Finanzminister?
Walter Nee, keine. Ich mein, mit dem ganzen Ding hat er nichts zu tun, die Ökosteuer, die jetzt schon wieder greift, ist ja Beschlußkram von früher.
TITANIC Keine Idee? Sie können auch vorschlagen, daß jeder Bürger 100 Euro bekommt, um die Binnenkonjunktur anzukurbeln.
Walter Damit kurbelt man keine Konjunktur an. Das ist ja genauso, wie man den Ossi mit 100 Mark Begrüßungsgeld eingekauft hat.
TITANIC Sie haben recht. Sehen Sie sonst noch Probleme?
Walter Die Probleme sind also die wirtschaftsschwachen Staaten, die den Euro runterziehen, Portugal, Spanien, Italien, Irland und eventuell die neueren Staaten, die noch kommen.
TITANIC Wir geben es weiter. Also ich kann zusammenfassen, daß Sie ganz zufrieden sind mit dem Euro?
Walter (mürrisch) Ja.

Ja, ja, die Planwirtschaft! In der Praxis gerade halbwegs außer Kraft gesetzt, wuchert sie in der Theorie und Sachsen munter weiter. Kein Wunder aber, schließlich wird die eingekaufte Ex-DDR ja von Portugal, Spanien, Italien, Frankreich, Schweiz, Liechtenstein und Westdeutschland seit gut einem Jahrzehnt kräftig runtergezogen!

Euro-Telefonat
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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt