Inhalt der Printausgabe

August 2002


Einige Bankrotte später
Ein Nachruf aufs liebe Geld
(Seite 3 von 8)

Als der Ami-Präsident seinen Kumpels vom freien Markt mit Nachsitzen und Eckestehen drohte, wenn sie weiterhin Milliardengewinne vortäuschen würden, die's nicht gab; als der deutsche Kanzler nacheinander die Bauwirtschaft, den freien Fußballfernsehzugang und die Berliner Prunkbautenordnung zu retten versprach; als immer mehr Staatsmänner der freien Welt ähnlichen "Der Papa wird's schon richten"-Blödsinn röhrten, da hatten wir hier Angst vor Stoiber, der den abgehärmten Vater-Typus, auf den sich alles hinbewegte, ja am strengsten würde geben können. Angst vor Stoiber! Wir waren echte Lämmchen. Als ob jemand, dem sie grad das Haus abreißen, sich noch um häßliche Tapetenmuster sorgen müßte.
So kam schließlich der schwere Sommer 2002, die große Schneeschmelze der allerneusten Wirtschaft: Lucent Technologies, Worldcom, Xerox, Disney, Tyco International, Telekomfirmen weltweit, Biotechnologien, eine Bauchlandung nach der andern, danach die Immobilienmärkte, etwas später der Dollar, schließlich die letzten Pokémonkarten. Als der Pöbel in der Frankfurter Innenstadt die Analysten anspuckte, haben wir weggeschaut, denn wir waren ja keine Analysten - fex urbis, lex orbis: Der Abschaum regiert die Welt, nichts Neues. Als die großen überregionalen Tageszeitungen kurze Zeit später anfingen, ihre Redakteure von gedungenen Kosovo-Irakern umbringen zu lassen, damit fehlende Stellenannoncen wenigstens durch presseversorgungswerkfinanzierte Todesanzeigen ersetzt würden, haben wir uns dummgestellt, wir waren ja keine Zeitungen. Als endlich kleine Sparer ihre Broker auf dem Parkett angezündet haben, lachten wir bloß, als Stefan Raab diese entwürdigenden Szenen wochenlang im Replay brachte.


   1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8   


Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt