Inhalt der Printausgabe

September 2001


Futurebanking
Ein Erlebnisbericht von Dietmar Dath
(Seite 2 von 6)

Wie die Dinge liegen, werden wir uns sicher auch an den Euro (und die betrübliche Tatsache, daß sich der langvergessene wunderbare Vorschlag, das Ding "Eurodollar" zu nennen und damit an den Erfolg von z.B. "Euro-Disneyland" anzuknüpfen, leider nicht durchgesetzt hat) zügig gewöhnen. Ich meinerseits kann diese Gewöhnung persönlich schon fast gar nicht mehr erwarten. Gespannt auf grandiose Offenbarungen, mit schweißnassen Handflächen und freudig pochendem Herzen, trat ich daher unlängst nachmittags um drei furchtlos vor den erstaunlich unterfrequentierten Beratungsschalter meiner Bank - eine der großen Kundenbanken dieses Landes, deren geheimer Wahlspruch, ausschließlich auf zur Selbstvernichtung bestimmte interne Firmenkorrespondenz gedruckt, zweifellos lautet: "Wir brauchen dein Geld nicht, Pappkopf!" - und stellte dem ausweislich seines Gesichtsausdrucks, seines Haarschnitts und seiner Garderobe von pädophilen Begräbnisunternehmern unter Zuziehung kielkröpfiger Zeugen Jehovas zu Belustigungszwecken zusammengeklonten höchstens 25jährigen Menschen, der mir da auf Echtledersohlen und leicht im Winde des Erfolges hin und her wippend mit dem feinsten Negerkinderkillerlächeln gegenüberstand, die ungeheuer einfältige Frage: "Guten Tag, ich dachte mir, weil ich grad Zeit habe und nicht diese ganzen Broschüren lesen will, die da bei Ihnen überall rumliegen, ob Sie mir vielleicht erklären könnten, was jetzt eigentlich in Sachen Euro mit meinem ganzen Geld auf dem Sparbuch und dem Girokonto passiert und ob ich da deswegen irgendwas unternehmen muß, oder wie sieht's aus?" Der Service-Droide lächelte zuvorkommend und sprach: "Da machen Sie sich mal keine Sorgen. Ein Austausch der Sparkassenbücher ist nicht notwendig. Bis Ende des Jahres werden alle Sparkonten, falls Sie nicht ausdrücklich etwas anderes wünschen, in DM geführt. Wenn der EURO kommt, bleibt der Zinssatz gleich." "Aha", lächelte ich, vom hippiehaften Timbre des offenbar seit genau fünf Minuten im Stimmbruch befindlichen Organs meines Gegenübers verzaubert, und hakte törichterweise nach: "Wenn ich jetzt aber zu Hause meine ganze Kontoscheiße mit Computerkram manage, also auch meinen Steuerkrempel und so, können Sie mir da irgendwie helfen dabei, daß das auch alles umgestellt wird?"
"Sicherlich. Wir bieten für elektronische Banking-Vorgänge..."
"Nein, nein. Ich meine nur meinen eigenen Kram. Meine Privatbilanz. Ich maile kein Geld hin und her, oder was das da sein soll, wissen Sie. Dieser Fernsehspot mit dem trüben Typen da, der alles am Computer überweist, den fand ich damals schon gleich so dermaßen zum Plärren eklig, daß ich beschlossen habe, weiter alles schön am Schalter zu erledigen. Auch, damit Leute wie Sie ihren Job behalten."


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt